5.2.3.5 Hinweise* der Bundessteuerberaterkammer zu notwendigen Maßnahmen im Todesfall von Steuerberatern
Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 25. April 2012.
Die nachfolgenden Hinweise informieren die Angehörigen und Erben von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten mit eigener Praxis darüber, was von ihnen beim Tod des Berufsangehörigen zu beachten ist, um die Mandanteninteressen zu wahren, den Wert der Praxis zu erhalten und die Sicherung und Übertragung der Praxis vorzubereiten.
Dem Praxisinhaber wird empfohlen, anhand der nachstehenden Hinweise einen separaten Nachlassordner anzulegen. Hilfreich dabei können Musterordner – oft inklusive CD – von berufsständischen Verlagen, z. B. dem Verlag des wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater GmbH, sein.
* Die Hinweise haben keinen verbindlichen Charakter. Sie sollen zu bestimmten Sachverhalten oder Problemkreisen Anregungen zu eigen ver antwortlichen Lösungen geben und somit die Praxisarbeit unterstützen.
Inhaltsverzeichnis |
I. Sofortmaßnahmen 1. Benachrichtigung berufsständiger Organisationen 2. Benachrichtigung von Vertrauenspersonen 3. Benachrichtigung der Mandanten |
II. Nach Erledigung der Sofortmaßnamen 1. Bereitstellen von Unterlagen 2. Aufzeichnen der Mandatsverhältnisse 3. Gespräche mit Mitarbeitern 4. Sicherstellung von Mandantenunterlagen und Verschwiegenheitspflicht 5. Benachrichtigung von Versicherungen 6. Vermögensaufstellung der Steuerberaterpraxis 7. Praxiswert 8. Praxisübernahmevertrag 9. Steuerliche Folgen nach dem Tod des Praxisinhabers |
Jeder Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ist Mitglied der zuständigen Steuerberaterkammer. Diese gibt Auskunft darüber, welche Maßnahmen erforderlich sind, damit die verantwortliche Betreuung der Mandanten sichergestellt und die zügige Übertragung der Praxis vorbereitet wird, um den Wert der Praxis zu erhalten. Deshalb sollte die Steuerberaterkammer unverzüglich benachrichtigt werden. Die Steuerberaterkammern finden Sie im III. Teil des Berufsrechtlichen Handbuchs unter „Anschriften“ sowie auf der Homepage der Bundessteuerberaterkammer unter www.bstbk.de.
Die Benachrichtigung über den Tod des Berufsangehörigen kann zunächst telefonisch geschehen. Ein solches Telefongespräch ist vor allen Dingen deswegen zweckmäßig, weil so die besonderen Umstände in der Praxis des Verstorbenen schneller geklärt werden können, von denen es abhängt, was veranlasst werden sollte. Die Sterbeurkunde sollte der Steuerberaterkammer unverzüglich zugeleitet werden.
Sofern keine andere gesetzlich zulässige Regelung getroffen ist, kann es erforderlich sein, dass die zuständige Steuerberaterkammer bei Auflösung der Praxis einen Praxisabwickler (§ 70 StBerG) und im Fall der Übertragung der Praxis auf Antrag der Erben einen Praxistreuhänder (§ 71 StBerG) zu bestellen hat. Wenn es gewünscht wird, ist die Steuerberaterkammer bei der Suche nach einem Praxiskäufer behilflich.
War der Verstorbene zugleich Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer und/oder Rechtsanwalt, so sind die Wirtschaftsprüferkammer bzw. die zuständige Rechtsanwaltskammer zusätzlich zu informieren. Unter Umständen ist der Todesfall auch einem Versorgungswerk bzw. Hilfs- und Sterbegeldkassen mitzuteilen.
In verschiedenen Kammerbereichen existieren auch sog. Gegenseitigkeitsabkommen, deren Gegenstand finanzielle Regelungen und die damit im Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten bei der Übernahme von Mandanten aus einer durch Aufgabe oder Tod verwaisten Praxis sind. Im Einzelnen informiert Sie die zuständige Steuerberaterkammer hierüber.
Neben den berufsständischen Organisationen sollten etwaige Vertrauenspersonen (z. B. im Testament aufgeführte Personen) benachrichtigt werden.
Mandanten sind durch Rundschreiben vom Tod des Praxisinhabers in Kenntnis zu setzen und darüber zu informieren, ob eine Praxisnachfolge, eine Praxistreuhänderschaft oder eine Praxisabwicklung angestrebt wird. Die endgültige Formulierung eines Mandantenrundschreibens sollte unter Mitwirkung der Steuerberaterkammer erfolgen.
a. Persönliche Unterlagen
- Letztwillige Verfügungen
Die gebräuchlichsten Formen sind das eigenhändige und das öffentliche Testament sowie der Erbvertrag. Hat der verstorbene Berufsangehörige keine Verfügungen von Todes wegen getroffen, gilt die gesetzliche Erbfolge.
Als Aufbewahrungsort für letztwillige Verfügungen kommen insbesondere in Betracht: - Notar
- Amtsgericht
- Zentrales Testamentsregister
(Seit dem 1. Januar 2012 betreibt die Bundesnotarkammer das Zentrale Testamentsregister für Deutschland. Das Register dient dem Auffinden von amtlich verwahrten erbfolgerelevanten Urkunden, damit das Nachlassgericht im Sterbefall schnell und vor allem richtig entscheiden kann.) - Bank (Schließfach)
- Angehöriger oder Vertrauensperson
Ein privat verwahrtes Testament ist unverzüglich einem Notar oder dem zuständigen Amtsgericht (Nachlassgericht) zu übergeben. - Ehevertrag
- Versicherungen auf den Todesfall (z. B. Versorgungswerk, Sterbekasse, Lebensversicherung, Pensionskasse, Bauspar-Risikolebensversicherung)
- Rentenbescheide
b. Berufliche Unterlagen
- Sozietätsvertrag
- Gesellschaftsverträge, Geschäftsführerverträge (z. B. bei Steuerberatungsgesellschaften)
- Steuerberatungsverträge mit Mandanten
- Policen der Berufshaftpflichtversicherung
- Mitgliedschaftsunterlagen für Genossenschaften (z. B. DATEV eG, Genossenschaftsbanken)
- Personalakten und sonstige Unterlagen bzgl. der Mitar-beiter der Praxis (z. B. Versorgungszusagen, Direktversicherungen)
- Mietverträge über Praxisräume
- Einzugsermächtigungen/Daueraufträge
- Anderkonten
- Kreditverträge
- Leasingverträge, Wartungsverträge
- Dauerbezugsverträge (z. B. Fachliteratur)
- Sachversicherungsverträge
- Sonstige Verträge und berufliche Unterlagen
Die zum Todestag bestehenden Mandatsverhältnisse sollten übersichtlich dargestellt werden. Es empfiehlt sich, wie folgt vorzugehen:
- Anfertigung einer Mandantenliste mit Angaben über Branche, Finanzamt und Steuernummer
- Aufzeichnen der bestehenden Steuerberatungsverträge, Auftragsumfang und Gebührenvereinbarung mit eventueller Angabe des Jahres der Mandatsübernahme
- Erfassen des Arbeitsstandes (z. B. teilfertige Arbeiten) getrennt nach Buchführungen, Abschlüssen und Steuererklärungen
- Erfassen der fristgebundenen Arbeiten
- Auflisten von Gebührenforderungen, von noch nicht abgerechneten fertigen und unfertigen Leistungen, von erhaltenen Vorschüssen
Die Aufzeichnungen können in der Regel nicht ohne fachkundige Hilfe erstellt werden. Wenn die Heranziehung der Mitarbeiter der Praxis nicht ausreicht, empfiehlt es sich, einen befreundeten Steuerberater des Verstorbenen bzw. durch Vermittlung der zuständigen Steuerberaterkammer einen Berufsangehörigen einzuschalten.
Da erfahrene und qualifizierte Mitarbeiter für den Erhalt und den Wert der Steuerberaterpraxis von essenzieller Bedeutung sind, empfiehlt es sich, persönliche Gespräche mit den einzelnen Mitarbeitern über die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses zu führen.
Eine Praxisübertragung lässt den Bestand der Arbeitsverhältnisse grundsätzlich unberührt, da der Übernehmer gemäß § 613a BGB in die insoweit bestehenden Rechte und Pflichten des bisherigen Praxisinhabers eintritt. Dies schließt nicht nur die Kündigung einzelner Mitarbeiter aus Anlass des Praxiswechsels regelmäßig aus; es bindet den Übernehmer auch hinsichtlich aller vom früheren Praxisinhaber gewährten Leistungen (Gehalt, Arbeitszeit, Fahrtkostenzuschüsse, Vermögensbildung, Gratifikation), soweit sie auf Vertrag oder Betriebsvereinbarung beruhen.
Ist eine Übertragung der Praxis beabsichtigt, sollten die Mitarbeiter davon in Kenntnis gesetzt werden.
Sofern der Erblasser Vertragspartner eines Berufsausbildungsverhältnisses ist, muss hinsichtlich der Fortsetzung der Ausbildung Rücksprache mit der Steuerberaterkammer gehalten werden.
Die Erben sind als Rechtsnachfolger des Steuerberaters zur Verschwiegenheit verpflichtet. Gemäß § 203 Abs. 3 Satz 3 StGB treffen diese dieselben Verschwiegenheitspflichten wie den verstorbenen Berufsangehörigen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit verbietet den Erben nicht nur die Offenbarung von steuerlichen, betrieblichen, wirtschaftlichen und persönlichen Angelegenheiten sämtlicher Mandanten des Verstorbenen an Dritte; sie gebietet auch, alle Unterlagen einschließlich Handakten in der Praxis des Verstorbenen so unter Verschluss zu nehmen, dass eine Kenntnisnahme Unbefugter ausgeschlossen ist. Eine Verletzung dieser Pflicht ist strafbar und löst eine Schadensersatzpflicht aus (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 203 Abs. 3 Satz 3 StGB).
Zu den vom verstorbenen Berufsangehörigen auf die Erben übergegangenen Verpflichtungen gehört auch, die Handakten für die Dauer von zehn Jahren nach Beendigung des Auftrags aufzubewahren (§ 66 Abs. 1 Satz 1 StBerG). (Ggf. wurde diese Frist vertraglich verkürzt, weshalb insbesondere der Steuerberatungsvertrag auf eine derartige Individualabrede untersucht werden sollte, s. Kuhls, Kommentar StBerG, § 66, Rdnr. 16.)
Die zehnjährige Aufbewahrungspflicht kann auf sechs Monate verkürzt werden, indem der Mandant ausdrücklich aufgefordert wird, die Handakten – hierzu gehören alle Schriftstücke, die der Berufsangehörige aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat – entgegenzunehmen (§ 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG). Wird hiervon Gebrauch gemacht, sollte im eigenen Interesse der Zugang der Aufforderung zur Aktenabholung beim Mandanten sichergestellt und die Empfangsbestätigung aufbewahrt werden.
Hinsichtlich der bei Rechenzentren, insbesondere der DATEV eG, gespeicherten Daten erhalten die Erben einen – zeitlich begrenzten – Herausgabeanspruch. Unter Nachweis ihrer Erbenstellung ist dieses unverzüglich über den Erbfall zu informieren. So geht beispielsweise gemäß DATEV-Satzung mit dem Tod des Mitglieds die Mitgliedschaft auf die Erben über. Die Mitgliedschaft der Erben endet am Ende des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. In der Zeit ihrer temporären Mitgliedschaft haben die Erben die Möglichkeit, die Daten auf einen anderen Steuerberater, der DATEV-Mitglied ist, übertragen zu lassen oder von der DATEV eG eine Archiv-CD für Rechnungswesen- oder Lohndaten anzufordern. Ggf. schlägt die DATEV eG den Erben diese Verfahrensweise vor Ende ihrer Mitgliedschaft ausdrücklich vor. Zum Ende des Kalenderjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist, werden die Daten im Rechenzentrum in der Regel gelöscht.
Es empfiehlt sich, bis zur endgültigen Regelung über die Fortführung der Praxis und bis zur Klärung ggf. noch offener Honoraransprüche (Zurückbehaltungsrecht gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 StBerG) keine Akten und Unterlagen an die Mandanten herauszugeben.
Folgende Versicherungen sind insbesondere zu benachrichtigen:
- Berufshaftpflichtversicherung
- Berufsständische Versicherungen
- Versorgungswerk
- Gesetzliche und private Rentenversicherungen
- Krankenkassen
- Lebens- und Unfallversicherungen
- Sachversicherungen und sonstige Versicherungen
- Sterbekassen
- Verwaltungsberufsgenossenschaft, Deelbögenkamp 4, 22297 Hamburg
Die Sterbeurkunde und eventuell der Erbennachweis (Erbschein) sind beizufügen.
Zum Todestag sollten die Erben eine Vermögensaufstellung anfertigen bzw. anfertigen lassen:
- Sachanlagen
Erfassen und Bewerten der Einrichtungsgegenstände in der Praxis wie Büroeinrichtung, EDV-Anlagen, Bibliothek, Pkw - Finanzanlagen
Bargeldbestand, Bankguthaben, Forderungen, Sonstige - Schulden/Verbindlichkeiten
Bank- und sonstige Verbindlichkeiten
Die Aufzeichnungen können in der Regel nicht ohne fachkundige Hilfe erstellt werden. Wenn die Heranziehung von Mitarbeitern der Praxis nicht ausreicht, empfiehlt es sich, einen befreundeten Steuerberater des Verstorbenen oder durch Vermittlung der zuständigen Steuerberaterkammer einen Berufsangehörigen einzuschalten.
Bei der Ermittlung des Praxiswerts können u. a. die vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer beschlossenen Hinweise (vgl. Berufsfachlicher Teil 4.2.1) hilfreich sein.
Weitere Auskünfte erteilt die zuständige Steuerberaterkammer.
Übernimmt ein anderer Steuerberater die Praxis des Verstorbenen, können die vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer beschlossenen „Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Praxisübertragung” (vgl. Berufsrechtlicher Teil 5.2.3.3) weiterhelfen. Diese sprechen die üblicherweise bei einer Praxisübernahme zu regelnden Fragen an.
Bei Sozietäten sind die Regelungen des Sozietätsvertrags, bei der Übernahme von Anteilen an einer Steuerberatungsgesellschaft sind der Gesellschaftsvertrag sowie die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes über die Kapitalbindung (vgl. § 50a StBerG) zu beachten. Die „Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Praxisübertragung” finden entsprechende Anwendung.
Es empfiehlt sich, vor Vertragsabschluss die zuständige Steuerberaterkammer einzuschalten. Die Berufsordnung legt fest, dass die Beteiligten den Übertragungsvertrag vor Abschluss der Berufskammer vorlegen sollen (§ 28 Abs. 3 BOStB).
Mit dem Tod des Praxisinhabers können sich zusätzliche steuerliche Belastungen ergeben:
- Einkommensteuer (evtl. Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinne)
- Umsatzsteuer
- Erbschaftsteuer (bei Überschreitung der Freibeträge)
Die persönliche Steuerberatung ist kein Gewerbe und somit nicht gewerbesteuerpflichtig.
Falls die Erben nicht selbst zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen (§ 3 StBerG) befugt sind, besteht für die Zeit, in der die Steuerberaterpraxis für Rechnung der Erben fortgeführt wird (Praxistreuhänder, Praxisabwickler), Gewerbe steuerpflicht.