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Berufsrechtliches Handbuch

Stand: November 2023


5.2.5.1 Hinweise zur Mandatsbeendigung und zum Mandatswechsel im Zusammenhang mit elektronischen Datenbeständen

-- Aktualisierungen werden farblich (gelb) hinterlegt kenntlich gemacht --

Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 12./13.  Januar 2022

Wird ein Mandat beendet und sind alle Honorarforderungen des Steuerberaters* beglichen, ist der Steuerberater verpflichtet, seine Handakten i. S. v. § 66 StBerG auf Anforderung des Mandanten an den Mandanten herauszugeben. Die Herausgabepflicht erstreckt sich nicht nur auf körperliche Unterlagen sondern auch auf die elektronischen Datenbestände. Im Hinblick auf elektronische Datenbestände kommt es vielfach zu Divergenzen zwischen dem Steuerberater und seinem ehemaligen Mandanten. Da immer mehr Unterlagen digital vorgehalten werden, stellen sich verschiedene Fragen zur praktischen Umsetzung der Herausgabepflichten. Dieses Papier gibt erste Antworten. Auskunfts-, Herausgabe- und Löschansprüche aus der Datenschutzgrundverordnung sind nicht Gegenstand dieses Papiers. Nähere Informationen zu diesem Themenfeld sind in den BStBK-Hinweisen zum Umgang mit personenbezogenen Daten durch Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften zu finden.
 

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesen Hinweisen bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

1. Aufbewahrungspflicht und Herausgabeanspruch

Welche Unterlagen der Steuerberater nach Beendigung des Mandats gem. § 66 Abs. 1 StBerG aufbewahren und auf Verlangen des Mandanten an diesen herausgeben muss, wird durch den berufsrechtlichen Begriff der Handakte i. S d. § 66 Abs. 3 StBerG festgelegt. Zum berufsrechtlichen Begriff der Handakte gehören Unterlagen, die dem Steuerberater/Steuerbevollmächtigten vom Auftraggeber oder für den Auftraggeber elektronisch übertragen worden sind, wie z. B.

  • Kontoauszüge;
  • Rechnungen;
  • Buchführungsunterlagen;
  • Steuerbescheide;
  • Jahresabschlüsse früherer Veranlagungszeiträume und
  • Verträge;
  • Elektronischer Schriftverkehr von und mit Dritten, die das Mandatsverhältnis betreffen (z. B. E-Mail-Verkehr, elektronische Nachrichten von/an die Finanzverwaltung über ELSTER, elektronische Einsprüche, elektronische Entscheidungen oder Post von Gerichten);
  • Elektronische Aktenvermerke über Besprechungen, die der Steuerberater für den Mandanten mit Dritten geführt hat.

Folgende Unterlagen gehören nicht zum berufsrechtlichen Handaktenbegriff i. S. d. § 66 Abs. 3 StBerG:

  • Elektronischer Schriftverkehr zwischen dem Steuerberater und dem Mandanten;
  • Elektronische Schriftstücke, die der Mandant bereits im Original oder in Kopie (auch in Form eines Ausdrucks) erhalten hat;
  • Elektronische Arbeitsunterlagen, die von dem Steuerberater zu internen Zwecken gefertigten sind wie beispielsweise: Aktenvermerke, Telefonnotizen, vorbereitende Berechnungen und sonstige eigene Aufzeichnungen des Steuerberaters.

Sonderfall geschuldete Arbeitsergebnisse des Steuerberaters

Die vom Steuerberater erbrachten Leistungen in Form elektronischer Arbeitsergebnisse aufgrund seiner Verpflichtung aus dem Steuerberatungsvertrag sind nicht Bestandteil des berufsrechtlichen Begriffs der Handakte, weil der Steuerberater diese nicht nach § 66 Abs. 3 für seinen Auftraggeber erhalten hat.56


a. Aufbewahrungspflicht i. S. d. § 66 Abs. 1 StBerG

Die Aufbewahrungspflicht betrifft alle Unterlagen, die unter den berufsrechtlichen Begriff der Handakte fallen. Der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte hat die Handakten für die Dauer von 10 Jahren nach Beendigung des Auftrages aufzubewahren (§ 66 Abs. 1 Satz 1 StBerG).

Mit der Aufforderung an den Mandanten, seine Unterlagen (berufsrechtlicher Begriff der Handakte) in Empfang zu nehmen, kann der Steuerberater seine Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren verkürzen (§ 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG). Diese erlischt mit der Übergabe der Handakten an den Auftraggeber, spätestens jedoch binnen 6 Monaten, nachdem der Auftraggeber die Aufforderung des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten erhalten hat, die Handakten in Empfang zu nehmen.

Die Aufbewahrungspflicht der Daten, Belegbilder etc. ist Aufgabe des Mandanten. Dies sollte bereits bei Abschluss des FIBU-Vertrages durch entsprechende Hinweise oder rechtliche Gestaltungen klargestellt werden.

b. Herausgabeanspruch i. S. d. § 66 StBerG und §§ 675, 667 BGB

Die Pflicht des Steuerberaters zur Herausgabe der Handakten an den Mandanten wird in § 66 StBerG vorausgesetzt, ist aber nicht ausdrücklich vorgesehen. Dennoch ist eine solche berufsrechtliche Herausgabepflicht unmittelbar aus dieser Vorschrift abzuleiten.

Gleichzeitig wird in § 13 Abs. 4 BOStB 2010 festgelegt, dass Handakten nach „Aufforderung vorbehaltlich etwaiger Zurückbehaltungsrechte herauszugeben“ sind. Nähere Informationen zum Zurückbehaltungsrecht sind in den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zum Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht enthalten.

Im Mandatsverhältnis ergibt sich der Herausgabeanspruch in zivilrechtlicher Hinsicht aus §§ 675, 667 BGB. In aller Regel handelt es sich bei Steuerberatungsverträgen um Geschäftsbesorgungsverträge. Grundsätzlich ist spätestens bei Beendigung des Steuerberatungsvertrages an den Mandanten alles herauszugeben, was der Steuerberater zur Ausführung des Auftrages erhalten und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat (§§ 667, 675 BGB). Hierzu gehören sämtliche zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie im Wesentlichen alle Unterlagen, die der Beauftragte über die Geschäftsführung angelegt oder in deren Rahmen er sie erhalten hat in schriftlicher, elektronischer oder sonstiger Form.


Sonderfall geschuldete Arbeitsergebnisse des Steuerberaters

Datensätze, die der Steuerberater aufgrund seiner Arbeitsleistung selbst erstellt hat, also beispielsweise Buchführungsdaten, Abschlussdaten und Steuererklärungsdaten, werden von der Herausgabeverpflichtung nach § 667 BGB grundsätzlich nicht erfasst, da diese nicht aus der Geschäftsbesorgung erlangt worden sind.57

Dennoch besteht grundsätzlich die zivilrechtliche Pflicht zur Herausgabe auch solcher vertraglicher Arbeitsergebnisse bzw. zur Zustimmung zum entsprechenden Datenübertrag, da diese Bestandteil der Leistungsverpflichtung des Steuerberaters gegenüber dem Mandanten aus dem Auftragsverhältnis sind und vom Mandanten auch entsprechend vergütet werden müssen (BGH vom17. Februar 1988, StB 88, 232).


Zwischen den Unterlagen, die der Auftraggeber körperlich übergibt, und den elektronisch – sei es beim Steuerberater vor Ort oder in einem Rechenzentrum – gespeicherten Daten, besteht kein Unterschied hinsichtlich der Herausgabepflicht.
 

2. Welche elektronischen Dokumente und Daten sind herauszugeben?

Zusammenfassend und unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen sind grundsätzlich folgende Unterlagen herauszugeben. Die Auflistung ist nicht abschließend und deckt die wesentlichen elektronischen Unterlagen ab.

Elektronische Dokumente und Daten

 

Herausgabeanspruch

ja

nein

Alle elektronischen Unterlagen z. B. Belege, Kontoauszüge, Buchführungsunterlagen (z. B. Tabellenkalkulationen und Textdokumente soweit diese buchführungsbegründend sind), Urkunden, Steuerbescheide, Verträge).

x

 

Elektronische Datenbestände (Lohndaten, Buchführungsdaten, betriebliche und private Steuerklärungsdaten, Abschlussdaten).

x

 

Elektronischer Schriftverkehr von und mit Dritten, die das Mandatsverhältnis betreffen (E­Mail­Verkehr, elektronische Nachrichten von/an die Finanzverwaltung über ELSTER, elektronische Einsprüche, elektronische Entscheidungen oder Post von Gerichten).

x

 

Elektronischer Schriftverkehr, den der Mandant bereits im Original oder in Kopie (auch als Ausdruck möglich) erhalten hat.

 

x

Elektronischer Schriftverkehr zwischen dem Steuerberater und dem Mandanten.

 

x

Elektronische Aktenvermerke über Besprechungen mit Dritten, die der Steuerberater für den Mandanten geführt hat.

x

 

Elektronische Arbeitsunterlagen, die von dem Steuerberater zu internen Zwecken gefertigt sind wie beispielsweise Aktenvermerke, Honorarkalkulation, Gesprächsstrategien, vorbereitende Berechnungen und sonstige eigene Aufzeichnungen des Steuerberaters.

 

x

3. Wie kann der Steuerberater in der praktischen Abwicklung sicherstellen, dass elektronische Datenbestände weitergegeben werden?

a. Alternative 1: Mandant wechselt zum Berater, der die gleiche oder eine kompatible Software nutzt

  1. aa. Übertragung der Datenbestände
  2. In dem Fall, in dem die Software des übergebenden Steuerberaters kompatibel mit der Software des übernehmenden Steuerberaters ist, ist der Altberater nach Mandatsbeendigung verpflichtet, die Datenbestände an den neuen Steuerberater zu übertragen, auch soweit darin eigene Arbeitsergebnisse enthalten sind.58 Im Falle elektronischer Daten wird der Anspruch auf Herausgabe durch einen Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung der Daten ersetzt. Der Steuerberater muss daher den reibungslosen und vollständigen Übertrag auf den neuen Berater ermöglichen. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob die Daten aus dem elektronischen System des Steuerberaters vor Ort oder aus einem von einem Auftragsverarbeiter betriebenen Rechenzentrum stammen. Die Verantwortung für die Vollständigkeit der zu übertragenden Daten hat der abgebene Berater. Besondere Umstände sind ggf. zu berücksichtigen (z. B. Kompatibilität der Programmversionen). Nach vollständiger Übertragung der Daten an den übernehmenden Steuerberater sind die Daten, vorbehaltlich etwaiger weiterer Speicherverpflichtungen, beim abgebenden Berater zu löschen.
  3. bb. (Teilweise) Ablehnung der Datenübernahme
  4. Sollte der Mandant die Datenübernahme (teilweise) ablehnen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
    • Schreiben an den Mandanten mit der Bitte um vollständige Datenübernahme und Fristsetzung von 6 Monaten gem. § 66 Abs. 1 Satz 2 StBerG. Dabei sollte der Zugang dieses Schreibens nachgewiesen werden können und eine entsprechende Zugangsbestätigung archiviert werden.
    • Nach Fristablauf können die Daten auf Risiko des nachfolgenden Steuerberaters und Mandanten gelöscht werden.

b. Alternative 2: Mandant wechselt zum Berater, der eine andere oder eine nicht kompatible Software nutzt

  1. In den Fällen, in den mit dem Beraterwechsel auch ein Wechsel der Software verbunden ist, muss gewährleistet sein, dass die elektronischen Datenbestände über die Dauer der steuerlichen und handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen bestehen bleiben.

    aa. Datenmigration auf das neue System
  2. Die Daten können in diesem Szenario mittels Datenmigration auf den Folgeberater übertragen werden. Bei der Verwendung unterschiedlicher Systeme können dabei Probleme auftreten. Zur Datenmigration enthalten die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff in der aktuellen Fassung weiterführende Hinweise (vgl. Abschnitt 9.4. Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem und Systemwechsel). Hier empfiehlt es sich den jeweiligen Softwareanbieter zu kontaktieren.
  3. bb. Übergabe eines Speicher- oder Archivierungsmediums
  4. Die Daten können auch mittels eines Speicher- oder Archivierungsmediums an den Mandanten oder den übernehmenden Steuer berater gegeben werden. Auf diesem Medium sind z. B. Lohn-, Buchhaltungs- und/oder Abschlussdaten und unter Umständen auch alle mit den Buchungssätzen verknüpften Belege enthalten. Ist das gewählte Medium zur Langzeitarchivierung nicht geeignet (z. B. CD/DVD/Blu-ray/Datenstick) sollte der Empfänger auf diese Einschränkung hingewiesen werden.
  5. Mit der Übergabe des Speicher- oder Archivierungsmediums ist die Herausgabepflicht hinsichtlich der darauf enthaltenen Daten erfüllt. Soweit die Daten des Speicher- oder Archivierungsmediums nicht in das neue Produktivsystem eingespielt werden können, sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, dass ein Z1- und Z2-Zugriff der Finanzverwaltung nicht möglich ist. Der Mandant sollte auf die Möglichkeiten des § 148 AO und der Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO hingewiesen werden. Die Löschung der Daten sollte erst erfolgen, wenn die offenen Fragen durch den Mandanten/Folgeberater mit der Finanzverwaltung geklärt worden sind. Für die Möglichkeit einer Antragsstellung sollte auch eine Frist von 6 Monaten vorgegeben werden. Sollte durch den Mandanten/Folgeberater ein entsprechender Antrag in dieser Frist gestellt werden, verlängert sich die Aufbewahrung der elektronischen Daten bis zur Entscheidung über diesen Antrag.
  6. cc. Hinweise zum Datenzugriff
  7. Nach § 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht, die mithilfe eines DV-Systems erstellten und nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch Datenzugriff zu prüfen. Das Recht auf Datenzugriff steht der Finanzbehörde nur im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen (sowie Umsatzsteuer- und Kassennachschau) zu.
  8. Die Finanzverwaltung kann die Art des Datenzugriffs wählen.
  9. Folgende Möglichkeiten gibt es:
    • Unmittelbarer Datenzugriff (Z1)
    • Mittelbarer Datenzugriff (Z2)
    • Datenträgerüberlassung (Z3)
  10. Das FA hat bei der Auswahl des digitalen Zugriffs immer das Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 III GG) zu beachten. Der Datenzugriff muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.
  11. Daher dürfte in den Fällen, in denen eine Datenmigration aus nachvollziehbaren Gründen nicht gewählt werden kann, der Z1- und Z2-Zugriff unverhältnismäßig sein. Somit ist in diesen Fällen nur der Z3-Zugriff verhältnismäßig.
  12. Nach § 148 AO können die Finanzbehörden für bestimmte Gruppen von Fällen Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird.
  13. Es ist zu empfehlen einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO zu stellen, um vorher zu klären, ob sich die Finanzverwaltung bei dieser Konstellation im Falle einer Prüfung mit einem Z3-Zugriff zufrieden gibt. Sollte ein entsprechender Antrag gestellt werden, so ist der Vorberater darüber zu informieren, dass die elektronischen Daten vorerst nicht aus dem Produktivsystem zu löschen sind. Zusätzlich anfallende Kosten müssen dann aber durch den ehemaligen Mandanten übernommen werden.