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Berufsrechtliches Handbuch

Stand: August 2024


5.2.8 Hinweise* der Bundessteuerberaterkammer zur strafrechtlichen Relevanz der Geldwäsche

Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 12. Januar 2022

* Die Hinweise haben keinen verbindlichen Charakter. Sie sollen zu bestimmten Sachverhalten oder Problemkreisen Anregungen zu eigenverantwortlichen Lösungen geben und somit die Praxisarbeit unterstützen.

 

Inhaltsverzeichnis
 
I. Hintergrund
 
II. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des § 261 StGB
 1.  "Gegenstand" einer Geldwäsche (taugliche Tatobjekte i. S. d. § 261 StGB)
     a. "Ersparte Aufwendungen" kein taugliches Geldwäscheobjekt (mehr)
     b. Strafbare Erstattungen sind geldwäschetaugliche Tatobjekte
     c. Kontaminiertes Geldguthaben kann Tatobjekt sein
 2.  Schwerpunkt: Steuerhinterziehung als taugliche Vortat
     a. Begründung unberechtigter Ansprüche
     b. „Überschießende“ Anrechnungsfälle
     c. „Anrechnungsfälle“
     d. Steuererstattungen aus dem Abrechnungsteil
 3.  Tatzeitpunkt der Vortat
 4.  Subjektiver Tatbestand (Vorsatz und Leichtfertigkeit)
     a. Vorsatz
     b. Leichtfertigkeit
III. Auswirkungen auf den Berufsstand
 1.  Compliance-Anforderungen
 2.  Geldwäsche und Steuerhinterziehung
 3.  Selbstanzeigen (§ 371 AO und § 261 Abs. 8 StGB)
 4.  Verdachtsmeldungen
     a. Verdachtsmeldungen durch Steuerberater
     b. Verdachtsmeldungen der Finanzbehörden
 5.  Ermittlungen durch Finanzbehörde
 6.  Steuerberater im Steuer- und Strafverfahren
 7.  Geldwäsche bei Honorarannahme
     a. Strafverteidigung
     b. Übrige Honorare
     c. Kein Beraterprivileg (Verfassungskonformität?)
 8.  Steuerberater doppelt in der Pflicht (der neue Qualifikationstatbestand)
 9.  Anwendbares Recht bei Doppel- und Mehrfachqualifikation
 10.  Angestellte Steuerberater
 11.  Anpassung weiterer Normen (im Zusammenhang mit schweren Straftaten)
 12.  Selbstständige Einziehung (§ 76a Abs. 4 StGB)
 13.  Tatbegehung im Ausland (§ 261 Abs. 9 StGB)
IV. Zusammenfassung

I. Hintergrund

Geldwäsche ist ein bedeutendes Problem auf nationaler, europäischer und globaler Ebene. Der Deutsche Bundestag hat daher das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche beschlossen, welches am 18. März 2021 in Kraft getreten ist.152 Das Gesetz basiert auf der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1673 vom 23. Oktober 2018.

Kernstück ist eine Neufassung des Straftatbestandes der Geldwäsche in § 261 StGB. Die wichtigste Änderung dieser Norm besteht darin, dass der bisherige Vortatenkatalog entfallen ist und künftig jede Straftat taugliche Vortat der Geldwäsche ist, was zu einer erheblichen Ausweitung der Geldwäschestrafbarkeit führt (sog. All-Crime-Ansatz). Der deutsche Gesetzgeber geht damit über die Vorgaben der Richtlinie sowie über die Mindestempfehlungen der Financial Aktion Task Force (FATF) hinaus, folgt aber dem Beispiel anderer Staaten.153

Bis zu der Novelle lag nur dann eine Geldwäschestraftat vor, wenn der entsprechende Gegenstand aus einer sog. Katalogstraftat, wie beispielsweise Drogenhandel bzw. gewerbsoder bandenmäßiger Steuerhinterziehung, herrührte.

Seit Inkrafttreten des geänderten § 261 StGB macht sich strafbar, wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

  • verbirgt,
  • in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
  • sich oder einem Dritten verschafft oder
  • verwahrt oder 
  • für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

Zudem machen sich diejenigen strafbar, die Tatsachen verheimlichen oder verschleiern, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstandes nach den o. g. Kriterien von Bedeutung sein können.

Als Sanktion für Geldwäschestraftaten ist eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. 

Bereits bisher machte sich ebenfalls strafbar, wer leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer Katalogstraftat herrührt. Im Referentenentwurf des BMJV war noch vorgesehen die Strafbarkeit bei leichtfertigem Verkennen entfallen zu lassen, da sich ansonsten eine „nahezu uferlose Anwendungsbreite“ ergeben würde. Dieser Punkt wurde in dem verabschiedeten Gesetz nicht übernommen. Künftig genügt für die Annahme von Leichtfertigkeit die Überzeugung des Gerichts, dass der Täter leichtfertig nicht erkannt hat, dass der fragliche Vermögensgegenstand Tatertrag oder Tatprodukt irgendeiner Straftat – auch außerhalb des bisherigen Katalogs – oder ein entsprechendes Surrogat ist. 

II. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des § 261 StGB

Seit der Gesetzesänderung ist der sog. selektive Vortatenkatalog weggefallen. Ausreichend ist nunmehr, dass der Vermögensgegenstand durch irgendeine rechtswidrige Straftat i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, also z. B. auch durch eine (einfache) Steuerhinterziehung gem. § 370 AO oder durch einen Subventionsbetrug, erlangt wurde („All-Crime-Ansatz“). Für Steuerberater wird es damit noch wichtiger, (mögliche) Geldwäschefälle zu erkennen. 

Einzelheiten werden im Folgenden näher ausgeführt: 

1.    „Gegenstand“ einer Geldwäsche (taugliche Tatobjekte i. S. d. § 261 StGB)

a.    „Ersparte Aufwendungen“ kein taugliches Geldwäscheobjekt (mehr)

Bei den sog. ersparten Aufwendungen handelt es sich nicht (mehr) um geldwäscherelevante Tatobjekte. Als geldwäscherelevant werden sowohl nach der EU-Richtlinie als auch nach der FATF-Empfehlung, Vermögensgegenstände bezeichnet, die aus einer kriminellen Tätigkeit stammen bzw. Erträge aus Straftaten sind. Ersparten Aufwendungen fehlt aber genau dieser kriminelle Ursprung, denn es handelt sich regelmäßig um legal erworbenes Vermögen, das wegen der Tat nur weiterhin in der Vermögensgesamtheit des Täters als rechnerischer Vorteil verbleibt. Damit aber wird er nicht zu einem tauglichen Geldwäscheobjekt.154 Die reine „Steuerersparnis“ ist kein Tatobjekt mehr.155

Beispiel (1):

Der Steuerpflichtige macht gegenüber der Finanzbehörde falsche Angaben und erreicht dadurch, dass ihm gegenüber eine zu niedrige Steuer festgesetzt wird, z. B.:

  • Der Steuerpflichtige verheimlicht Betriebseinnahmen. 
  • Der Steuerpflichtige lässt private Kosten als betrieblichen Aufwand verbuchen. 

Der Steuervorteil lässt sich in diesen Beispielsfällen eindeutig (i. d. R. sogar „centgenau“) beziffern. Der Steuerpflichtige erlangt im Ergebnis jedoch kein Tatobjekt. Er erhält in Höhe der Differenz zu der rechtmäßig festgesetzten Steuer lediglich einen nicht geldwäscherelevanten rechnerischen Vorteil in seinem Vermögen.156

b.    Strafbare Erstattungen sind geldwäschetaugliche Tatobjekte

Anders stellt sich die Situation im Falle unrechtmäßig erlangter Steuererstattungen dar:

Beispiel (2)

Ein Mandant (M) erhält am 10. März 2021 eine Umsatzsteuererstattung i. H. v. 9.000,00 €. Diese beruht auf einer am 1. Februar 2021 bewusst falsch eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2019, in der 1.000,00 € zu viel Vorsteuer geltend gemacht wurde.

Der Steuerpflichtige erlangt am 10. März 2021 mit der Umsatzsteuererstattung (ggf. nur teilweise) ein geldwäschetaugliches Tatobjekt. 

c.    Kontaminiertes Geldguthaben kann Tatobjekt sein

Gelangt ein geldwäschetauglicher Gegenstand in das Vermögen des Steuerpflichtigen, so stellt sich im „unbaren“ Zahlungsverkehr die Frage, ob dieser Vermögensgegenstand mit der Zeit seine „Bemakelung“ verliert. Bei der „einfachen“ Steuerhinterziehung könnte dies der Fall sein, wenn der ursprüngliche Auszahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Steuervergütung in das Vermögen des Steuerpflichtigen gelangt, z. B. durch Überweisung auf das eigene Kontokorrentkonto. Der Steuerpflichtige erwirbt damit einen Anspruch gegenüber seinem kontoführenden Kreditinstitut. 

Anlässlich der sog. Giralgeld-Entscheidung hat sich der 1. Strafsenat des BGH157 insoweit positioniert, als dass bereits geringfügige bemakelte Geldeingänge dazu führen können, dass das gesamte Kontoguthaben inkriminiert wird. In der Entscheidung des BGH wurde eine Gesamtkontamination des Kontoguthabens bereits ab einem wirtschaftlich nicht unerheblichen Zufluss von 5,9 % angenommen. Eine konkret erforderliche Mindestquote des deliktischen Anteils wurde vom Gericht indessen nicht bestimmt, so dass je nach Fallkonstellation auch bereits geringere Anteile von Zuflüssen aus deliktischen Quellen das übrige Giralgeld kontaminieren können. Die Frage der Berechnung der Quote und den Kontaminierungsumfang lässt das Gericht offen.

Folgende Beispiele zeigen die Problematik auf: 

Beispiel (3), Fortsetzung des Beispiels (2):

Der Mandant M hatte vor der Auszahlung der Umsatzsteuererstattung einen positiven Bankbestand von 90.000,00 €. Mit der Überweisung der 9.000,00 € gehen auf seinem Bankkonto 8.000,00 € berechtigte Erstattung und 1.000,00 € unberechtigte Erstattung ein. 

  1. Sofern die Gesamtzahlung von 9.000,00 € als „aus der Tat herrührend“ angesehen wird, ist nunmehr das gesamte Vermögen auf dem Bankkonto des M kontaminiert (Zufluss von 10,0 % ist in Relation zum Gesamtbestand nicht völlig unerheblich). 
  2. Wird jedoch nur die zu viel erlangte Steuererstattung i. H. v. 1.000,00 € in das Verhältnis zum Gesamtbestand des Kontos gesetzt, ergibt sich eine deliktische Quote von 1,1 %, welche nach Auffassung des BGH wirtschaftlich unbeachtlich ist und damit zu keiner Gesamtkontamination führt. 

Dass Vermischungskonstellationen überhaupt in den Kreis tauglicher Tatobjekte einbezogen werden, lässt sich mit dem Zweck des Geldwäschetatbestandes begründen. Dieser soll das Einschleusen von inkriminierten Vermögensgegenständen in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf verhindern.

Eine Auslegung entsprechend der Alternative a) ist jedoch überschießend und führt bereits vor Eingang auf dem Bankkonto zu einer „Vorkontamination“. Jede noch so kleine, unberechtigte Steuererstattung könnte zu einer Gesamtkontamination und damit Übertragung des deliktischen Ursprungs führen (ggf. sogar, wenn die unberechtigt geltend gemachte Vorsteuer lediglich 1,00 € beträgt). Für die Auslegung gemäß der Alternative b) spricht daher, dass der BGH von „aus deliktischen Quellen stammenden Anteilen“ spricht. Während sich das für schwere Formen der Kriminalität (z. B. Drogen-, Waffen- oder Menschenhandel) klar bestimmen lässt, wird deutlich, dass für die aufgezeigten Beispiele der (einfachen) Steuerhinterziehung eine differenzierte Sichtweise erforderlich ist. 

Beispiel (4), Fortsetzung Beispiel (3):

Hebt M nun in Beispiel 3, Alt. a) 1.000,00 € von dem Konto ab, um für seinen Steuerberater, der davon weiß, ein Geschenk zum Kanzleijubiläum zu kaufen, so macht sich dieser bei der Annahme des Geschenks gem. § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar.

Beispiel (5), Abwandlung Beispiel (3) negativer Banksaldo:

Der Mandant M hatte vor der Auszahlung einen negativen Bankbestand von 10.000,00 €. Trotz der überwiesenen 9.000,00 € bleibt das Konto eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut.

Der erlangte Gegenstand (in Form der unrechtmäßigen Umsatzsteuererstattung) löst sich in der Verbindlichkeit auf, die nach wie vor gegenüber dem Kreditinstitut besteht. Die Infizierungskette bricht ab, so dass folgerichtig auch nachfolgende Einzahlungen, die dann irgendwann wieder einen positiven Kontosaldo herbeiführen, nicht mehr zu neuen „Gegenständen“ führen, die als Tatobjekte i. S. d. § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB anzusehen wären. Selbst wenn sich später wieder ein Bankguthaben ergibt, ist dies zumindest ein „anderer Gegenstand“.158

Auch im Falle, in dem das Konto nach dem Eingang eines Tatobjektes kontaminiert wurde und in einen negativen Bestand rutscht, bricht die Infizierungskette ab.

Obwohl im Gesetzgebungsverfahren auf die vorgenannte Rechtsprechung des BGH hingewiesen wurde159, hat der Gesetzgeber den Begriff des „Herrührens“ beibehalten. In Verbindung mit dem Wegfall der Katalogstraftaten kann dies ausufernde Folgen haben, was folgendes Beispiel exemplarisch aufzeigt:

Beispiel (6):

Die Arbeitnehmer des M wissen, dass er gelegentlich Aufträge ohne Rechnung abwickelt. Die Umsatzsteuermeldungen des M enthalten insoweit reduzierte Ausgangsumsätze bei unterstelltem rechtmäßigen Vorsteuerabzug. M erhält in der Folge einmal ein unberechtigtes Umsatzsteuerguthaben auf sein Geschäftskonto, das nach der Giralgeldentscheidung des BGH zu einer Inkriminierung des Gesamtvermögens des Kontos führt. Die Gesamtkontamination des Kontos führt dazu, dass grundsätzlich jede Entgegennahme einer Lohnzahlung durch die Arbeitnehmer eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB darstellt.

Der Vorsatz der Geldwäsche setzt keine positive Kenntnis der Vortat voraus. Ausreichend ist, dass der Empfänger es für möglich hält, einen „Gegenstand“ zu erwerben, der aus einer rechtswidrigen Tat „herrührt“.

⇒ Praxishinweis
Eine „Durchbrechung“ der Infektionskette ist vor diesem Hintergrund wohl nur durch einen gutgläubigen Dritterwerb, eine durchgängige Sollstellung des Bankkontos oder durch den Zufluss von nachweislich mehr als 95 % „unkontaminierter“ Bankforderungen möglich.

2.    Schwerpunkt: Steuerhinterziehung als taugliche Vortat 

Bei der Steuerhinterziehung ist wie folgt zu differenzieren:

a.    Begründung unberechtigter Ansprüche

In Beispiel (2) liegt eine strafbare Umsatzsteuererstattung vor. Mit der unberechtigten Auszahlung der überhöhten Vorsteuer erlangt M dem Grunde nach ein geldwäschetaugliches Tatobjekt.

b.    „Überschießende“ Anrechnungsfälle

Auch Täuschungen im Anrechnungsverfahren (z. B. bei Cum-Ex-Geschäften) können solche unberechtigten Ansprüche begründen. Wird beispielsweise mittels einer Steuerbescheinigung die Anrechnung von Kapitalertragsteuer geltend gemacht, obwohl die Anrechnungsvoraussetzungen tatsächlich nicht vorliegen, so führt dies im Abrechnungsteil des Steuerbescheids ggf. zu dem Ausweis eines Guthabens. Bei präziser Betrachtung wird dabei durch einen Steuerverwaltungsakt („Anrechnungsverfügung“) ein Auszahlungsanspruch des Steuerpflichtigen zur Entstehung gebracht. Ein solcher Auszahlungsanspruch ist taugliches Tatobjekt i. S. d. § 261 Abs. 1 StGB.

c.    „Anrechnungsfälle“

Davon abzugrenzen sind Fälle, in denen sich z. B. durch die Anrechnung der Kapitalertragsteuer die festzusetzende Steuer lediglich verringert; insgesamt aber noch eine Zahllast verbleibt. Ein taugliches Tatobjekt i. S. d. § 261 Abs. 1 StGB liegt dann nicht vor. Vielmehr tritt der Erfolg als Steuerverkürzung ein und entspricht strukturell einem Vorteil in der Form von ersparten Aufwendungen. Solche ersparten Aufwendungen sollen aber nach der klaren Grundentscheidung des Gesetzgebers nicht mehr taugliches Tatobjekt einer Geldwäsche sein, da an ihnen bei genauer Betrachtung keine Geldwäschehandlung aus dem Katalog des § 261 StGB anknüpfen kann.

d.    Steuererstattungen aus dem Abrechnungsteil160

Fraglich ist, welche Konstellationen über die unrechtmäßig erlangten Steuervergütungen hinaus bei einer Straftat der Steuerhinterziehung zu tauglichen Tatobjekten i. S. v. § 261 Abs. 1 StGB führen können. Problematisch sind hier insbesondere Steuererstattungen, die aus dem Abrechnungsteil eines Steuerbescheids stammen, ihren Ursprung aber nicht in der ungerechtfertigten Geltendmachung von Anrechnungsbeträgen haben, sondern letztlich auf eine zu niedrige Steuerfestsetzung zurückgehen.

Beispiel (7): 

Der Arbeitnehmer gibt eine Einkommensteuererklärung ab, in der er unzutreffende Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend macht. Die Einkommensteuer wird dadurch um 6.000,00 € zu niedrig festgesetzt. Nach Anrechnung der einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer führt dies zu einer im Abrechnungsteil festgesetzten Steuererstattung i. H. v. 4.000,00 €. 

Auch hier wird durch den im Abrechnungsteil des Steuerbescheids enthaltenen Verwaltungsakt dem Steuerpflichtigen ein Auszahlungsanspruch zugesprochen, der als Rechtsanspruch grundsätzlich einen Gegenstand i. S. v. § 261 StGB darstellt. Ein solcher Gegenstand ist allerdings nur dann ein geeignetes Tatobjekt, wenn er aus einer strafbaren Handlung „herrührt“.

An dieser Stelle zeigen sich die überschießenden Tendenzen der Vorschrift. Denn bei einer strengen Auslegung wäre jeder kausale Zusammenhang ausreichend und würde zu nicht enden wollenden Infektionsketten führen. 

Im steuerlichen Verfahrensrecht ist jedoch zwischen Erhebungs- und Anrechnungsverfahren zu trennen. Eine Geldwäsche kann daher nur infrage kommen, wenn ein infizierter Ursprungsgegenstand durch die Tat hervorgerufen wird und sich die Bemakelung sodann an allen Gegenständen fortsetzt, die in einer Verwertungskette aus diesem Ursprungsgegenstand entstanden sind. Bei Steuererstattungen, die auf eine zu niedrige Festsetzung der Steuer zurückgehen, ist dies jedoch nicht der Fall. Denn in dem Beispielsfall erlangt der Täter durch die unrichtige Steuererklärung zunächst nur, dass die Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt wird. Der Vorteil aus dieser Tat ist nicht verkörpert und stellt somit kein taugliches Tatobjekt i. S. v. § 261 Abs. 1 StGB dar. Das Auszahlungsguthaben aus dem Abrechnungsteil stellt folglich auch kein Surrogat für einen durch die Tat erlangten „Ursprungsgegenstand“ dar und ist ebenfalls kein taugliches Tatobjekt i. S. d. § 261 Abs. 1 StGB. 

3.    Tatzeitpunkt der Vortat

Der Tatzeitpunkt der Vortat hat keinen Einfluss auf die Anwendung der Neuregelung. Jede auch vor dem 18. März 2021 begangene Straftat kann taugliche Vortat i. S. d. § 261 StGB sein und somit zu einer Strafbarkeit nach § 261 StGB führen. Dies wird auch an dem oben aufgeführten Beispiel (2) deutlich. Während die Vortat noch vor Inkrafttreten der Neufassung des § 261 StGB erfolgte, findet die strafbare Geldwäschehandlung (Honorarannahme) erst danach statt. Es ist auf den Zeitpunkt der Geldwäschehandlung abzustellen, so dass in dem Beispielsfall der neue, verschärfte Geldwäschetatbestand einschlägig ist.

Beispiel (8), Fortsetzung von Beispiel (4), „Geschenk Kanzleijubiläum“: 

Für die Strafbarkeit des Steuerberaters bei der Annahme des Geschenks reicht es aus, dass M irgendwann eine entsprechend falsche Umsatzsteuerjahreserklärung abgegeben hat.

Für die Strafbarkeit ist es nach der Neufassung zum 18. März 2021 nicht erforderlich, dass die Vortat, vorliegend z. B. die „einfache“ Steuerhinterziehung, erst nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung verwirklicht wurde. 

Für die Strafbarkeit wegen Geldwäsche kommt es auf den Tatzeitpunkt der Geldwäsche an, nicht auf den Tatzeitpunkt der Vortat. Nach allgemeiner Auffassung reicht zudem eine bereits verjährte Vortat aus, um die Kontaminierung zu begründen.

Beispiel (9):

M ist durch einen Betrug im Jahr 2019 Eigentümer eines Grundstücks geworden. Am 15. Mai 2021 verkauft er dieses Grundstück an B, dem die damalige strafbare Handlung des M bekannt ist.

B ist strafbar nach § 261 Abs. 1 Nr. 4 StGB, da ab der gesetzlichen Neufassung jede Tat i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB Vortat sein kann. Der Betrug war davor keine Katalogtat. Vor Inkrafttreten des geänderten § 261 StGB wäre B nicht nach § 261 StGB strafbar. 

4.    Subjektiver Tatbestand (Vorsatz und Leichtfertigkeit)

Nach altem und neuem Recht macht sich derjenige wegen Geldwäsche strafbar, der zumindest bedingt vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt hat. Dabei muss sich der Vorsatz auf die Geldwäschehandlung und auf das Herrühren des Vermögensgegenstandes aus einer Vortat beziehen. Ob eine Verurteilung wegen leichtfertiger oder vorsätzlicher Geldwäsche erfolgt, hat insbesondere Auswirkungen auf die Höhe der zu verhängenden Strafe. Während die Leichtfertigkeit mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden kann, drohen für vorsätzliches Handeln bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.161

a.    Vorsatz

Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale (Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung). Es ist nicht erforderlich, dass der Täter den Vortäter oder Einzelheiten der rechtswidrigen Vortat kennt. Es ist ausreichend, wenn er im Wesentlichen Kenntnis von der Vortat hat, so dass er bei überschlägiger Würdigung der Umstände erkennen kann, dass es sich um eine strafbare Vortat handelt. Bezogen auf Vorgänge im Bereich der Geldwäsche ist es ausreichend, wenn der Täter eine illegale Herkunft der Gelder für möglich hält, ohne dabei bestimmte gesetzeswidrige Machenschaften auszuschließen.162 Es genügt bedingter Vorsatz. 

Beispiel (10):

Der Unternehmer U gibt im Rahmen eines Antrags auf Kurzarbeitergeld (Kug) gegenüber der Arbeitsagentur nur vor, dass er aufgrund unerwartet eingebrochener Auftragslage die Arbeitszeit der Mitarbeitenden verkürzen muss. Tatsächlich wird genauso viel wie zuvor gearbeitet. So kommt es zur unberechtigten Auszahlung von Kug-Leistungen.

Der Unternehmer handelt vorsätzlich, da er wider besseres Wissen falsche Kug-Leistungsanträge einreicht.

b.    Leichtfertigkeit

Das Gesetz sieht in § 261 Abs. 6 Satz 1 StGB eine Strafmilderung für die Fälle des § 261 Abs. 1 und 2 StGB vor, in denen der Täter leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen aus einer rechtswidrigen Vortat stammenden Vermögensgegenstand handelt. Leichtfertigkeit ist ein erhöhter Grad von Fahrlässigkeit, die der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht entspricht. Nach § 261 Abs. 6 Satz 2 StGB ist eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Begehung bei Straf-verteidigern im Fall der Annahme von Honoraren in den Fällen des § 261 Abs. 1 Nr. 3 und 4 StGB ausgeschlossen.163

Leichtfertigkeit kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden, obwohl es sich um wertmäßig besonders hohe Transaktionen handelt oder die Form der Abwicklung sehr ungewöhnlich ist (z. B. Barzahlung bei Immobilien-Transaktion).

Das an dem bisherigen Regelungskonzept bezüglich der Leichtfertigkeit weitgehend festgehalten wurde, ist problematisch und wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren kritisiert. Im Referentenentwurf wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „infolge der erheblichen Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 261 StGB […] der Tatbestand eine nahezu uferlose Anwendungsbreite erhielte, […] die eine Kriminalisierung alltäglichen Verhaltens befürchten lasse“.164

Beispiel (11):

Der Unternehmer V beantragt bei der Arbeitsagentur Kug. Die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen liegen unstreitig vor. Allerdings werden bei der Berechnung die Ansprüche auf Feiertage und Urlaub gar nicht berücksichtigt. Zudem sind in den Arbeitszeitaufzeichnungen mehrfach Summenfehler enthalten.

V hat leichtfertig gehandelt, da er die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Während die vorstehenden Beispiele hinreichend klar auf eine Strafbarkeit hindeuten, enthält der FIU-Jahresbericht165 zahlreiche Beispiele zu neuen Geldwäscheformen, die auch die niedrige Aufgriffsschwelle verdeutlichen.

Vgl. etwa nachfolgendes Beispiel auf Seite 45 des Berichts:

Ein Kreditinstitut meldete das Konto der T-GmbH, auf dem hohe Umsatzsteigerungen festgestellt wurden, obwohl für die T-GmbH bereits Corona-Soforthilfe beantragt und ausgezahlt worden war. Auf Nachfrage erklärte die T-GmbH, dass Atemschutzmasken aus Asien importiert und dann weiter an eine S-GmbH verkauft wurden. Das ursprüngliche Geschäftsfeld der T-GmbH umfasste allgemeine organisatorische Dienstleistungen für Dritte sowie innerbetriebliche Transport-, Umschlags- und Lagerprozesse. Im Verlaufe der Geschäftsbeziehung gab die Geschäftsführerin jedoch an, das Unternehmen handele mit Sonderposten, die häufig im Ausland eingekauft und dann gegen Barzahlung verkauft würden. Die eingereichten Rechnungen für den Einkauf von Schutzausrüstung beim asiatischen Lieferanten passten vom Betrag und Datum her nicht zu den Rechnungen, die zu den Verkäufen von der T-GmbH an die S-GmbH vorgelegt wurden. Es war also unklar, ob und zu welchem Betrag die Waren von der T-GmbH an die S-GmbH verkauft worden waren. Die Zahlungen, die bei der T-GmbH eingingen, passten ebenfalls nicht zu diesen Rechnungen. Ob die Lieferungen für Schutzausrüstung tatsächlich existierten, blieb unklar. Eine ausgehende Auslandsüberweisung der T-GmbH über 1,6 Mio. € wurde daraufhin durch das meldende Kreditinstitut angehalten und als Verdachtsmeldung gem. § 46 Abs. 1 GwG an die FIU abgegeben. 

⇒ Praxishinweis
Es sollten mit den Mandanten daher nach Möglichkeit Vorschusszahlungen vereinbart werden, um dem zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nicht vorliegenden Vorwurf der Bösgläubigkeit zu begegnen und die erbrachten Leistungen sicher abrechnen zu können. 

III.    Auswirkungen auf den Berufsstand

1.    Compliance-Anforderungen

Aufgrund des Qualifikationstatbestandes des § 261 Abs. 4 StGB ist an Steuerberater als Verpflichtete nach § 2 GWG grundsätzlich ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Daher dürfte dem Nachweis über eine vollständige Erfüllung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen (insbesondere Risikoanalyse) künftig erhöhte Bedeutung zukommen. Insbesondere bei der Frage der Abgrenzung von Vorsatz und Leichtfertigkeit könnte eine fehlende oder nur unzureichende Geldwäsche-Compliance auf die Gleichgültigkeit des Täters hindeuten, so dass er wegen vorsätzlichen Verhaltens verurteilt werden könnte.166

Hier dürfen jedoch keine überzogenen Maßstäbe angelegt werden, da andernfalls ein effektiver Rechtsschutz verhindert wird. Dies wird aus der Regelung des § 10 Abs. 9 GwG deutlich, die im Fall der Steuerberatung oder Prozessvertretung regelt, dass Steuerberater Mandate trotz des Verdachts begangener Straftaten annehmen und fortführen dürfen (Ausnahme nur bei positiver Kenntnis der Geldwäsche).

⇒ Praxishinweis

Um einem entsprechenden Vorsatzvorwurf zuvorzukommen, liegt es damit im ureigenen Interesse von Steuerberatern, die Pflichten nach dem GwG zu erfüllen. Das betrifft insbesondere

  • die Erstellung der Risikoanalyse (z. B. mit dem Excel-Tool der BStBK),
  • die Identifikation der Geschäftspartner („know your customer“),
  • die Erfüllung weiterer Sorgfaltspflichten (z. B. die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten in Kanzleien mit mehr als 30 Berufsträgern).

Die Steuerberaterkammern unterstützen dies z. B. durch die Veröffentlichung von Tools, Risikoanalysemustern, Merkblättern und die Herausgabe der Auslegungs- und Anwendungshinweise.

2.    Geldwäsche und Steuerhinterziehung

In der bisherigen Fassung beinhaltete der Vortaten-Katalog des § 261 StGB Fälle von Steuerhinterziehung nur, wenn sie gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande begangen wurden. Dies ist mit der Neuregelung entfallen, so dass künftig sämtliche Fälle von Steuerhinterziehung auch eine Geldwäschetat i. S. d. § 261 StGB sind, soweit der Täter unrechtmäßig Steuererstattungen bzw. -vergütungen erlangt hat. Diese waren bereits bisher Tatobjekte der Geldwäsche und deren Nennung im bisherigen § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB (a. F.) war deshalb nur deklaratorisch, weshalb diese Begriffe nun nicht mehr verwendet werden.167 Nicht mehr in der Vorschrift genannt – und damit kein geeignetes Geldwäscheobjekt – sind die sog. ersparten Aufwendungen bei Steuerhinterziehungsdelikten. 

Wer wegen Beteiligung an der Vortat (z. B. Steuerhinterziehung) strafbar ist, wird jedoch nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand aus der rechtswidrigen Tat in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

3.    Selbstanzeigen (§ 371 AO und § 261 Abs. 8 StGB)

Nach wie vor bietet sich über § 371 AO die grundsätzliche Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige bezüglich einer Steuerhinterziehung. Eine solche Selbstanzeige entfaltet jedoch keine Wirkung auf eine – ggf. in Tateinheit begangene – Geldwäsche. 

Für den Bereich der Geldwäsche eröffnet § 261 Abs. 8 StGB eine eigenständige Möglichkeit der Selbstanzeige, wenn „die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde angezeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst wird, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und in den Fällen des § 261 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt“.

Wegen der erheblichen Ausweitung des Geldwäschetatbestands auf sämtliche Fälle der Steuerhinterziehung ist bei einer Selbstanzeige nach § 371 AO zukünftig (im Rahmen des „sichersten Weges“) auch zu prüfen, ob nicht auch gleichzeitig eine Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB abgegeben werden sollte.168

Der persönliche Strafausschließungsgrund des § 261 Abs. 7 StGB führt bei einer sog. Selbstgeldwäsche des tatbestandlichen Steuerhinterziehers dazu, dass dieser bei der reinen eigennützigen Verwertung des Steuervorteils insoweit nicht wegen Geldwäsche strafbar ist. § 261 StGB ist ein Anschlussdelikt.

Erfolgt nunmehr erfolgreich eine strafbefreiende Selbstanzeige, so entfällt die Strafbarkeit der Hinterziehung mit der möglichen Folge, dass dann mangels Vortat der Strafausschließungsgrund nicht mehr einschlägig ist.

Tritt die Straffreiheit wegen § 371 Abs. 2 AO jedoch nicht ein, oder wird von der Verfolgung gem. § 398a AO abgesehen, bleibt es bei der Vortat.

Da die Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB bei der Staatsanwaltschaft erfolgt, darf diese gem. § 392 AO nicht allein durch einen Steuerberater erfolgen. Dies gilt zumindest im Hinblick auf das Mandatsverhältnis von Mandant und Steuerberater.

Für Steuerberater stellt sich aber die Frage, ob eine Selbstanzeige in eigener Sache angeraten sein kann. Dies wird vom konkreten Einzelfall abhängen.

⇒ Praxishinweis
Bei der Selbstanzeigeberatung ist aufgrund der Gesetzesänderung umso mehr auf „außersteuerliche“ Wechselwirkungen insbesondere zwischen der Geldwäschestrafbarkeit und einer möglichen Einziehung zu achten.169

4.    Verdachtsmeldungen

a.    Verdachtsmeldungen durch Steuerberater

Steuerberater sind grundsätzlich zur Erstattung einer Verdachtsmeldung verpflichtet, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass

  • ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche gem. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB darstellen könnte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG) oder
  • ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 GwG).

Eine Ausnahme von der Verdachtsmeldepflicht nach dem GwG besteht für Steuerberater dann, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erlangt wurden (§ 43 Abs. 2 Satz 1 GwG). 

Die Pflicht zur Verdachtsmeldung für Steuerberater bleibt aber nach § 43 Abs. 2 Satz 2 GwG bestehen, wenn positive Kenntnis darüber besteht, dass der Vertragspartner die Rechtsberatung oder Prozessvertretung für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt, d. h. das geschützte Vertrauensverhältnis zu einer Straftat unter Nutzung der Beratungsleistungen des Steuerberaters missbraucht werden soll.170

Die Voraussetzungen für das Bestehen einer Verdachtsmeldepflicht sind wegen des möglichen Konflikts mit der beruflichen Verschwiegenheitspflicht sorgfältig zu prüfen. Es besteht eine für Steuerberater problematische Lage insoweit, als eine nicht in Übereinstimmung mit § 43 Abs. 1 GwG, also ohne gesetzliche Pflicht vorgenommene Verdachtsmeldung, ihrerseits nach § 203 StGB wegen Bruch der Verschwiegenheitspflicht strafbar sein kann. § 48 GwG sieht jedoch vor, dass derjenige, der eine Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GwG oder eine Strafanzeige nach § 158 StPO erstattet, wegen dieser Meldung oder Strafanzeige nicht nach zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Vorschriften oder disziplinarrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, es sei denn, die Meldung oder Strafanzeige ist vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden. 

Besteht jedoch eine Verdachtsmeldepflicht, ergibt sich eine Erleichterung für Steuerberater im Hinblick auf die Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB. Denn es gilt, dass wenn ein gemeldeter Sachverhalt die für eine Anzeige nach § 261 Abs. 8 StGB erforderlichen Angaben enthält, die Meldung zugleich als Selbstanzeige gilt. In diesen Fällen kann die Verdachtsmeldung folglich „strafbefreiende“ Wirkung für die/den beteiligte/n Steuerberater entfalten.

Beispiel (12):

Ein Steuerberater berät in Zusammenhang mit einem Immobilienerwerb in Deutschland (Vorgang nach § 1 GrEStG). Der Kaufpreis beträgt 1.000.000 €. Erwerberin ist eine 18-jährige Schülerin, die nach eigenen Angaben einem Mini-Job nachgeht. Der Kaufpreis soll ohne Finanzierung beglichen werden. Weitere Informationen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen liegen nicht vor. 

In diesem Fall wäre nach § 43 GwG (i. V. m. § 4 Abs. 5 GwGMeldV-Immobilien) eine Verdachtsmeldung gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) abzugeben. Enthält der gemeldete Sachverhalt zugleich die für eine Anzeige nach § 261 Abs. 8 StGB erforderlichen Angaben, gilt diese zugleich als Selbstanzeige i. S. d. Vorschrift. 

Beispiel (13), Abwandlung Beispiel (12):

Wie Beispiel 12, allerdings ist in diesem Fall der Steuerberater nicht an dem eigentlichen Erwerbsvorgang beteiligt. Die Erwerberin beauftragt den Steuerberater erst im Nachgang mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage von anschaffungsnahen Herstellungskosten.

 

In diesem Fall greift grundsätzlich das Meldeprivileg für Steuerberater, da es sich um eine rein (steuer-)rechtsberatende Tätigkeit handelt, § 43 Abs. 2 GwG. Eine Ausnahme würde lediglich bei positiver Kenntnis einer möglichen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. Hiervon soll vorliegend nicht ausgegangen werden, so dass keine Verdachtsmeldung nach § 43 GwG zu erfolgen hat. Somit liegt auch keine aus der Verdachtsmeldung abgeleitete Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB vor. 

b.    Verdachtsmeldungen der Finanzbehörden

Über § 31b AO sind auch die Finanzbehörden zu (unverzüglichen) Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verpflichtet, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögensgegenständen, die mit dem mitzuteilenden Sachverhalt im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt. Selbiges gilt, wenn die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen. Diese Sachverhalte sind unabhängig von deren Höhe mitzuteilen. Es steht folglich zu erwarten, dass – mit Ausnahme der ersparten Aufwendungen – jede Steuerhinterziehung eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung der Finanzbehörden nach sich ziehen kann. 

5.    Ermittlungen durch Finanzbehörde

Bei dem Verdacht einer Steuerstraftat ermittelt die Finanzbehörde den Sachverhalt. Die Finanzbehörde führt das Ermittlungsverfahren in den Grenzen des § 399 Abs. 1 und der §§ 400, 401 AO selbstständig durch, wenn die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat darstellt oder zugleich andere Strafgesetze verletzt und deren Verletzung Kirchensteuern oder andere öffentlich-rechtliche Abgaben betrifft, die an Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen.

Diese Grenzen dürften durch die nunmehr enge Verzahnung von Steuerstraftat und Geldwäsche schnell erreicht sein, so dass eine selbstständige Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Finanzbehörden nicht mehr in allen Fällen gegeben ist. Dazu trägt auch die verpflichtende Meldung der Finanzbehörden nach § 31b Abs. 2 AO an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bei, die unverzüglich zu erfolgen hat.

6.    Steuerberater im Steuer- und Strafverfahren

Bei Steuerstraftaten können nach § 392 Abs. 1 AO auch Steuerberater und Steuerbevollmächtigte zu Verteidigern gewählt werden, soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbstständig durchführt. Die alleinige Befugnis zur Verteidigung entfällt jedoch, sobald die Staatsanwaltschaft oder das Gericht mit der Strafsache befasst wird. Die Verteidigung wäre dann nur in Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt oder einem Rechtslehrer einer deutschen Hochschule i. S. d. Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt, möglich. Durch die Novelle des Geldwäschestraftatbestands und damit einhergehender Ermittlungen in Kombination mit Steuerstrafverfahren wird eine alleinige Vertretung durch Steuerberater im Steuerstrafverfahren verhindert. 

7.    Geldwäsche bei Honorarannahme 

a.    Strafverteidigung

Strafverteidigerinnen oder Strafverteidiger handeln in bestimmten Fällen der Geldwäsche nur dann vorsätzlich, wenn sie ein Honorar für ihre Tätigkeit annehmen und zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatten.

Der Gesetzgeber hat die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts171 zur Strafbeschränkung von Strafverteidigern bei Annahme von Honoraren umgesetzt (§§ 261 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 6 Satz 2 StGB) und diese insoweit privilegiert. Diese Strafbeschränkung gilt auch für – in Steuerstrafsachen alleine verteidigende – Steuerberater, die Mandan-ten entsprechend verteidigen, da diese dann in gleicher Funktion tätig werden (§ 392 AO) und andernfalls gegenüber Rechtsanwälten schlechter gestellt wären.

b.    Übrige Honorare

Die Beschränkung auf die reine Verteidigertätigkeit ist für Steuerberater problematisch. Denn Sie haben insbesondere durch die Finanzbuchführung detaillierte Kenntnis über die Zahlungsvorgänge bei den Mandanten und laufen so in besonderem Maße Gefahr, sich bei der Honorarannahme für sonstige Tätigkeiten (außerhalb der Steuerstrafverteidigung) der Geldwäsche strafbar zu machen. Es besteht somit ein besonderes Risiko, wenn der Mandant den Steuerberater mit Mitteln bezahlt, die er durch eine Steuerhinterziehung erlangt hat und der Steuerberater die kriminelle Herkunft des Geldes – und sei es nur leichtfertig – für möglich hält.

Fortsetzung Beispiel (2):

Steuerberaterin S, die erst ab Januar 2021 mit dem Buchführungs- und Abschlussmandat beauftragt wurde, hat die bewusste Falschangabe in der Erklärung bei der Übernahme der Vorjahresbuchhaltung bereits bemerkt. Als S von dem sich jetzt ergebenden Guthaben auf dem Girokonto des M erfährt, zieht sie per Sepa-Mandat fällige Buchhaltungshonorare am 15. Mai 2021 ein.

Die Einreichung der vorsätzlich falschen Umsatzsteuerjahreserklärung stellt eine Steuerhinterziehung des M dar. Die Tat ist vollendet, da die Auszahlung die Zustimmung der Finanzverwaltung erfordert. Die zu Unrecht erhaltene Steuererstattung existiert auch noch so erheblich auf dem Bankkonto des M, was S hätte zumindest erkennen können. Trotzdem hat sie sich aber das Geld beschafft. S hat sich somit der Geldwäsche gem. § 261 StGB strafbar gemacht.

Da das Bundesverfassungsgericht es bisher selbst offengelassen hat, ob die „Privilegierung” eines Rechtsanwalts auch bei einer rein zivilrechtlichen Angelegenheit tatbestandsmäßig ist, und trotz entsprechendem Vortrag in der Sachverständigenanhörung zur Neufassung des § 261 StGB eine Änderung/Erweiterung z. B. auch auf die steuerberatende Tätigkeit oder andere Berufsgruppen unterblieben ist, lässt dies nur den Schluss zu, dass sich Steuerberater außerhalb eines Steuerstrafverteidigungsmandats nicht auf diese Privilegierung berufen können.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Privilegierung der Verteidigertätigkeit auch im Leichtfertigkeitstatbestand gilt. Der damit einhergehende Ausschluss der sonstigen rechtsberatenden Berufe führt diese umso näher in die Tatbestandsmäßigkeit der Strafnorm.

Im Geldwäschegesetz findet im Rahmen der Ausnahmevorschrift von Meldepflichten nach § 43 Abs. 2 GwG indessen eine Differenzierung von Strafverteidigern und anderen rechtsberatenden verpflichteten Berufen gerade nicht statt. Sowohl Tätigkeiten der Rechtsberatung als auch der Prozessvertretung sind allgemein „privilegiert”.172

c.    Kein Beraterprivileg (Verfassungskonformität?)

Es gibt für Steuerberater kein allgemeines Beraterprivileg – analog zu den Strafverteidigern. Nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer sollte die Regelung aber nicht auf eine Verteidigertätigkeit beschränkt bleiben. Denn durch die Erweiterung der Geldwäschevortaten auf alle Straftaten ergibt sich auch eine deutliche Erweiterung im Bereich der Steuerhinterziehung. Dies ist für Steuerberater besonders kritisch, da die Anforderungen an das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes nur gering sind. Es reicht aus, wenn der Täter die Voraussetzungen einer Geldwäschevortat für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Da der Steuerberater aufgrund der Finanzbuchführung detaillierte Kenntnis über die Zahlungsvorgänge bei seinem Mandanten hat und erkennen kann, ob Zahlungen möglicherweise mit einer Steuerhinterziehung oder anderen Straftaten im Zusammenhang stehen, läuft er in besonderem Maße Gefahr, sich bei der Honorarannahme der Geldwäsche strafbar zu machen. Die das verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis auslösende Nähe zu der mutmaßlichen Geldwäschevortat entsteht somit gerade auch im Fall des Steuerberatermandats.

Auch in den Fällen, in denen der Steuerberater nicht als Verteidiger auftritt, sondern die Finanzbuchführung und/oder den Jahresabschluss erstellt, gelten somit die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 30. März 2004 entsprechend. Denn der Steuerberater befindet sich ebenfalls in dem Dilemma, dass er sich möglicherweise der Gefahr aussetzt, sich wegen Geldwäsche strafbar zu machen, wenn der Mandant den Steuerberater mit Mitteln bezahlt, die er durch eine Steuerhinterziehung erlangt hat (z. B. zu Unrecht erhaltene Steuererstattungen) und der Steuerberater die kriminelle Herkunft des Geldes für möglich hält. 

Zudem ist das Steuerrecht als Eingriffsverwaltung ausgestaltet. Dies erfordert für eine effektive steuerliche Beratung und Vertretung gleichsam wie im Fall der Strafverteidigung ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Steuerberater und dem Mandanten. Dieses wird durch die berufsrechtlich geregelte und auch strafbewehrte Verschwiegenheitspflicht besonders abgesichert. Ein zu befürchtendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Steuerberater begründet die Gefahr, dass dieses für eine effektive Steuerberatung unabdingbare Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört würde. Denn ein Steuerpflichtiger wird sich einem Steuerberater nur anvertrauen, wenn er sicher sein kann, dass die Informationen vertraulich behandelt werden.

Zudem ist Art. 6 EMRK tangiert, wenn Rechtshandlungen, die effektiv nur unter Zuhilfenahme eines Steuerberaters vorgenommen werden können, mangels Möglichkeit einer Honorarzahlung bzw. -annahme nicht mehr möglich sind. Eine effektive Vertretung ist dann faktisch ausgeschlossen.

Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2004 nur zum Strafverteidiger ergangen ist. Denn zu diesem Zeitpunkt war nicht jede Steuerhinterziehung, sondern nur die gewerbs- und bandenmäßige Steuerhinterziehung eine Vortat der Geldwäsche. Durch die auch von der Richtlinie (EU) 2018/1673 vorgegebene Erfassung aller Steuerstraftaten als Geldwäschevortat ist die Situation indes somit eine völlig andere als zum Zeitpunkt des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Während eine eigene Geldwäschestrafbarkeit des Steuerberaters durch die Annahme bemakelten Honorars in den eher seltenen Fällen einer gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung in Betracht kam, besteht dieses Risiko aufgrund der Erstreckung der Vortaten auf alle Fälle einer Steuerhinterziehung nach dem jetzigen Stand in wesentlich größerem Umfang. 

Die Bundessteuerberaterkammer spricht sich daher dafür aus, die Regelung des § 261 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 6 Satz 2 StGB auf alle Steuerberater zu erstrecken unabhängig davon, ob diese als Verteidiger tätig sind oder sich das Mandat auf die Erbringung von Hilfeleistungen in Steuersachen beschränkt.

⇒ Praxishinweis
Je nachdem zu welchem Zeitpunkt die Honorarannahme erfolgt, kann diese aufgrund der Bösgläubigkeit der Steuerberaterin oder des Steuerberaters nicht erfolgen. Abzustellen ist für den subjektiven Tatbestand allerdings auf den Zeitpunkt der Honorarannahme. Daher sollten mit den Mandanten soweit möglich Vorschusszahlungen vereinbart werden, um vorher erbrachte Leistungen (sofern eine Bösgläubigkeit bei Honorarannahme tatsächlich nicht vorliegt) abrechnen zu können.

8.    Steuerberater doppelt in der Pflicht (der neue Qualifikationstatbestand)

Nach § 261 Abs. 2 StGB macht sich derjenige strafbar, der Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert. Der Straftatbestand erfordert insbesondere ein manipulatives, zielgerichtetes und konkret geeignetes Handeln, wobei es nicht erforderlich ist, dass dieses Verhalten erfolgreich ist. Rechtsgut ist hier die Gefährdung der staatlichen Ermittlungstätigkeit.

Gerade hier könnte ein bewusstes, kollusives Zusammenwirken des in Ausübung seines Berufs handelnden Steuerberaters mit dem Täter (und Mandanten) durch Unterlassung der zwingend zu erfolgenden Verdachtsmeldung nach § 43 GwG zu einer Strafbarkeit des Berufsträgers führen, mit der zusätzlichen Folge des neuen Qualifikationstatbestandes des § 261 Abs. 4 StGB.

Dies gilt umso mehr, da die „Verordnung zu den nach dem Geldwäschegesetz meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien – GwGMeldV-Immobilien)” vom 20. August 2020 weitere Meldepflichten bei entsprechend typologisierten Sachverhalten nach § 1 GrEStG vorsieht.

Denn als erschwerender Umstand gilt künftig, wenn es sich bei dem Täter einer Geldwäschestraftat um einen Verpflichteten nach § 2 GwG handelt. So sieht § 261 Abs. 4 StGB nunmehr eine verschärfte Strafandrohung (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) vor. Hiervon sind auch Steuerberater als Verpflichtete i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG erfasst. 

Dies soll – in Einklang mit den Vorgaben der o. g. EU-Richtlinie – jedoch nur dann gelten, wenn der Täter als geldwäscherechtlich Verpflichteter handelt, also in Ausübung seines Berufes, der ihn zum Verpflichteten macht. Damit sollen strafrechtlich relevante Handlungen außerhalb der besonderen geldwäscherechtlichen Verantwortung aus dem Qualifikationstatbestand ausgenommen werden. Für derartige Fälle bleibt jedoch der Grundtatbestand des § 261 StGB anwendbar. Erreicht wird dies dadurch, dass bereits § 2 GwG die Verpflichteteneigenschaft daran knüpft, dass eine Handlung „in Ausübung ihres Gewerbes oder Berufs“ vorgenommen wird. Somit ist eine Person schon kein Verpflichteter i. S. d. § 2 GwG, wenn sie außerhalb des in § 2 GwG aufgelisteten Tätigkeitsbereichs handelt.  

9.    Anwendbares Recht bei Doppel- und Mehrfachqualifikation

Steuerberater gehören, ebenso wie Wirtschaftsprüfer, nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG zum Verpflichtetenkreis des GwG. Demgegenüber sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gem. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG lediglich für bestimmte Tätigkeiten (z. B. wenn sie für den Mandanten an der Planung oder Durchführung von Kauf und Verkauf von Immobilien mitwirken) als Verpflichtete nach dem GwG zu sehen. Die Verpflichteteneigenschaft gilt jedoch uneingeschränkt, sofern Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen erbringen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. e) GwG). 

10.    Angestellte Steuerberater

Die Pflichten nach dem Geldwäschegesetz obliegen grundsätzlich dem Berufsträger (z. B. Steuerberater) mithin auch denjenigen, die sich im Angestelltenverhältnis befinden.173

Übt der Steuerberater die Tätigkeit als Angestellter aus, so hat jedoch der Arbeitgeber für die internen Sicherungsmaßnahmen Sorge zu tragen (§ 6 Abs. 1 GwG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG).

⇒ Praxishinweis
Diesen Ausführungen steht nicht entgegen, dass Steuerberater zur Erfüllung ihrer Pflichten auf bestehende interne Kanzleistrukturen zurückgreifen. So wird innerhalb von Steuerberatungskanzleien regelmäßig die Einrichtung eines kanzleiweiten oder standortbezogenen Risikomanagements zweckmäßig sein, das sich alle verpflichteten – also auch die angestellten – Steuerberater dieser Kanzlei zu eigen machen.174

11.    Anpassung weiterer Normen (im Zusammenhang mit schweren Straftaten)

Der Verzicht auf einen selektiven Vortatenkatalog bei § 261 StGB wirkt sich mittelbar auch auf den Umfang der Kataloge schwerer Straftaten aus, in denen die Geldwäsche aufgeführt ist:

  • § 76a Abs. 4 StGB (Selbstständige Einziehung),
  • § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB (Tatmehrheit), 
  • § 100a Abs. 2 StPO (Telekommunikationsüberwachung), 
  • § 100b Abs. 2 StPO (Online-Durchsuchung) und
  • § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO (Erhebung von Verkehrsdaten). 

Um die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Regelungen zu wahren, ist die Geldwäsche in den entsprechenden Katalogen nur noch in bestimmten schwerwiegenden Fällen zu erfassen.

12.    Selbstständige Einziehung (§ 76a Abs. 4 StGB)

Die selbstständige Einziehung ist ein strafrechtliches Instrument, mit dem der Staat Vermögen einziehen kann, das tatsächlich (oder auch nur vermutlich) aus Straftaten herrührt. Die Einziehung kann sich daher grundsätzlich auf jeden inkriminierten Gegenstand beziehen. Sie kommt auch in Fällen der Geldwäsche nach § 261 StGB in Betracht. Wird in einem solchen Verfahren ein Gegenstand beschlagnahmt, so kann das Gericht dessen Einziehung anordnen, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Gegenstand aus (irgend-)einer Straftat herrührt. Der Begriff des „Herrührens“ ist nach dem Willen des Gesetzgebers sehr weit zu verstehen.

§ 73e Abs. 1 Satz 2 StGB lässt die strafrechtliche Einziehung auch für die bereits verjährten Steuerforderungen zu. § 261 StGB könnte dabei als Hebel für die Ausweitung der Einziehung genutzt werden. Denn selbst im Falle einer Selbstanzeige bzw. tätigen Reue könne im Einzelfall noch eine Einziehung in Betracht kommen. Auch § 153 StPO als mögliches Korrektiv für die überschießende Regelung des § 261 StGB hilft bei der Einziehung nicht.

Beispiel (14):

Im Zuge der Einführung des Systems der Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzug im Jahre 1968 meldete ein Unternehmer mehrfach Vorsteuerbeträge aus denselben Eingangsleistungen an. Die sich daraus ergebenden Steuererstattungen von 10.000,00 DM transferierte er über mehrere Konten, um die Herkunft nicht mehr nachvollziehbar zu machen. Mit dem heutigen Gegenwert (5.112,00 €) erwirbt der Unternehmer eine Armbanduhr.

Es handelt sich um eine strafbare (wenn auch verjährte) Steuerhinterziehung, welche sich als Vortat nach  § 261 StGB qualifiziert. Durch das „Inverkehrbringen“ des Geldes sind die Voraussetzungen einer Geldwäsche erfüllt. Damit wäre theoretisch ein Zugriff auf das Vermögen im Rahmen der selbstständigen Einziehung gegeben. 

13.    Tatbegehung im Ausland (§ 261 Abs. 9 StGB)

Auch in Bezug auf Auslandssachverhalte ergeben sich Neuerungen:

Geldwäschestraftaten können auch an Vermögensgegenständen begangen werden, die aus im Ausland begangenen Straftaten stammen.

Wie bisher ist dafür ausreichend, dass die im Ausland begangene Tat bei entsprechender Anwendung des deutschen Rechts strafbar wäre und die Auslandstat auch dort mit Strafe bedroht ist („doppelte Strafbarkeit“). Zudem münden auch Auslandstaten, die nach bestimmten Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen sind, in Tatobjekten, die solchen nach  § 261 Abs. 1 StGB gleichgestellt sind.

IV.    Zusammenfassung

  • Die Reform des Geldwäschetatbestands (§ 261 StGB) ist am 18. März 2021 in Kraft getreten.
  • Dabei wurde der Anwendungsbereich der strafrechtlichen Geldwäsche ausgeweitet, da der Vortatenkatalog entfallen ist. 
  • Künftig sind sämtliche Straftaten (auch jede „außersteuerliche" wie z. B. Subventionsbetrug) taugliche Vortat einer Geldwäsche.
  • Bei Steuerhinterziehungsdelikten als Vortat sind hingegen nur noch jene Vermögensgegenstände erfasst, die aus unrechtmäßig erlangten Steuererstattungen und -vergütungen stammen. Ersparte Aufwendungen (also die reine „Steuerersparnis“) fallen dagegen nicht mehr unter den Geldwäschetatbestand.
  • Geldwäscherechtlich Verpflichtete (d. h. auch Steuerberater) sind durch den sog. Qualifikationstatbestand einer höheren Strafe ausgesetzt als Nichtverpflichtete.
  • Gleichzeitig bleibt die Strafbarkeit bei Leichtfertigkeit bestehen. Dies bedeutet für Steuerberater als Verpflichtete nach dem GwG umso mehr, dass sie ihren entsprechenden Pflichten nachkommen, also insbesondere über ein wirksames Risikomanagement verfügen und ihren Sorgfaltspflichten in Bezug auf ihre Mandanten nachkommen.
  • Auch die Begleichung von Honoraren mittels kontaminierten Geldern kann den Geldwäschetatbestand erfüllen (Ausnahme nur für Strafverteidiger).