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Berufsrechtliches Handbuch

Stand: November 2023


5.1.7 Hinweise* für die Tätigkeit des Steuerberaters als Zwangsverwalter

-- Aktualisierungen werden farblich (gelb) hinterlegt kenntlich gemacht --

Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 23. und 24. Juni 2021.

* Die Hinweise haben einen unverbindlichen Charakter. Sie sollen zu bestimmten Sachverhalten oder Problemkreisen Anregungen zu eigenverantwortlichen Lösungen geben und somit die Praxisarbeit unterstützen.
 

1. Vorbemerkungen

Die Zwangsverwaltung ist eine vereinbare Tätigkeit gem. § 57 Abs. 3 Nr. 2 StBerG.

Die Zwangsverwaltung i. S. d. §§ 146 ff. des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) ist neben der Zwangsversteigerung (§§ 15 ff. ZVG) oder aber der Sicherungshypothek in das Grundbuch (Zwangshypothek gemäß § 867 ZPO) eine der drei gesetzlichen Möglichkeiten der Einzelzwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen.

Unter „kalter Zwangsverwaltung“ ist die nicht kodifizierte Rechtspraxis zu verstehen, im Insolvenzverfahren ein Immobilienobjekt durch den dort bestellten Insolvenzverwalter zugunsten der Grundpfandberechtigten aufgrund Geschäftsbesorgungsvertrages mitverwalten zu lassen.

Ergänzend sind die „Allgemeinen Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Ausübung vereinbarer Tätigkeiten“ (Berufsrechtliches Handbuch, II. 5.1.1) zu beachten.
 

2. Voraussetzungen

a) Persönliche Voraussetzungen

Die Tätigkeit als Zwangsverwalter erfordert spezielle rechtliche Kenntnisse, insbesondere die im Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) und in der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) geregelten Besonderheiten des Verfahrens.

Der Steuerberater hat insbesondere Kenntnisse im Insolvenzrecht, im StaRUG, im Mietrecht und seinen Nebenregelungen, im Schuldrecht, im Baurecht, im Immobiliensachenrecht, im öffentlichen Abgabenrecht und im öffentlichen Bodenschutzrecht vorzuhalten.

b) Sachliche Voraussetzungen

Als Verwalter ist vom Vollstreckungsgericht eine geschäftskundige natürliche Person zu bestellen, die nach Qualifikation und vorhandener Büroausstattung die Gewähr für die ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangsverwaltung bietet (§ 150 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 1 Abs. 2 ZwVwV).
 

3. Tätigkeitsbeschreibung, Rechte und Pflichten

a) Tätigkeitsfeld

Der Zwangsverwalter übernimmt anstelle des Schuldners die Verwaltung und Nutznießung des Grundbesitzes. Ziel der Zwangsverwaltung ist die Befriedigung der titulierten Gläubigeransprüche aus den Nutzungen bzw. Erträgnissen des Grundstücks. Die Stellung und die Aufgaben des Zwangsverwalters sind im Wesentlichen in den §§ 1 bis 16 ZwVwV geregelt. Die Kernaufgabe des Zwangsverwalters ist das Ergreifen von Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des Grundbesitzes, um das optimale wirtschaftliche Ergebnis aus dem Zwangsverwaltungsobjekt zu erzielen. Dabei soll die Art der Nutzung, die bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung bestand, beibehalten werden (§ 5 Abs. 1 ZwVwV). Für bestimmte Maßnahmen, wie z. B. Nutzungsänderung, ist vorab eine Zustimmung des Gerichts einzuholen (§ 10 ZwVwV).

Der Verwalter darf die Verwaltung keinem anderen übertragen. Allerdings ist ihm gestattet, Hilfskräfte zu unselbstständigen Tätigkeiten unter seiner Verantwortung heranzuziehen. Der Zwangsverwalter ist nicht berechtigt, in einen Gewerbebetrieb des Vollstreckungsschuldners einzugreifen.

Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung bestellt das Vollstreckungsgericht gleichzeitig den Zwangsverwalter. Aus den Nutzungen des Grundbesitzes hat der Zwangsverwalter die Ausgaben der Verwaltung und die Kosten des Verfahrens zu begleichen. Dem Zwangsverwalter obliegen insbesondere folgende Aufgaben:

  1. unverzügliche Inbesitznahme des Grundstückes und Mängelfeststellung,
  2. Wohnungseigentumsverwalter und Mieter ermitteln und die entsprechenden Verträge beschaffen,
  3. Sonderkonto eröffnen,
  4. alle Handlungen vornehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem Bestand zu erhalten und um das Grundstück ordnungsgemäß zu nutzen,
  5. bestehende Ansprüche feststellen und durchsetzen,
  6. die für die Zwangsverwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umsetzen,
  7. Versicherungen prüfen und ggf. Abschluss von neuen Versicherungsverträgen,
  8. Versorgungsträger und Müllentsorger feststellen und Verträge prüfen,
  9. Zahlung der öffentlichen Lasten des Grundstücks,
  10. Feststellung der dem Schuldner für seinen Hausstand unbedingt notwendigen Räume,
  11. Feststellung der Ausgaben der Verwaltung, insbesondere zu den Dienst- und Arbeitsverhältnissen, die von dem Schuldner begründet wurden,
  12. Mitteilung eines für die Verwaltung erforderlichen Kostenvorschusses,
  13. Mitteilung des Zahlungsverbotes an Drittschuldner bzw. Antragstellung zum Erlass eines Zahlungsverbotes an das Vollstreckungsgericht,
  14. Abschluss von Miet- oder Pachtverträgen für nicht genutzte Räume oder – bei Vorliegen besonderer Umstände – auch Kündigung von Miet- oder Pachtverträgen, die bereits von dem Schuldner abgeschlossen wurden,
  15. Ausbesserung, Erneuerung oder Instandhaltung des verwalteten Grundstücks, ggf. Abwicklung eines begonnenen Bauvorhabens.

b) Rechenschafts- und Dokumentationspflichten

Der Verwalter hat über die Besitznahme des Zwangsverwaltungsobjektes und seine Tätigkeiten gem. § 3 Abs. 1 ZwVwV unverzüglich einen detaillierten Bericht zu fertigen und bei Gericht einzureichen.

Die Rechnungslegung der Zwangsverwaltung ist eine um die Soll-Einnahmen ergänzte Einnahme-Überschuss-Rechnung (§§ 14, 15 ZwVwV).

Der Zwangsverwalter ist partieller Vermögensverwalter i. S. d. § 34 Abs. 3 AO und zur Abgabe von Teilsteuererklärungen betreffend das verwaltete Vermögen verpflichtet.

Der Verwalter hat jederzeit dem Gericht oder einem beauftragten Sachverständigen die Akten und sonstigen Schriftstücke sowie die Ein- und Ausgabebelege vorzulegen und alle weiteren Auskünfte im Zusammenhang mit seiner Verwaltung zu erteilen (§ 16 ZwVwV).

c) Berufsrechtliche Pflichten

Neben den allgemeinen Berufspflichten (siehe hierzu schon „Allgemeine Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Ausübung vereinbarer Tätigkeiten“, Berufsrechtliches Handbuch, II. 5.1.1) ist hier zu beachten, dass es dem Zwangsverwalter, als einer vom Gericht bestellten Person
(§ 150 Abs. 1 ZVG), erlaubt ist, Rechtsdienstleistungen im Rahmen seines Aufgaben- und Tätigkeitsgebiets zu erbringen (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 RDG).
 

4.     Pflichten nach dem Geldwäschegesetz

Zu beachten sind auch die Verpflichtungen und Rechtsfolgen nach dem Geldwäschegesetz (siehe dazu im Besonderen die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz der zuständigen Steuerberaterkammer). Sofern Tatsachen vorgefunden werden, die eine Meldepflicht auslösen, ist diese gegenüber der Financial Intelligence Unit (FIU) zu erstatten.
 

5. Haftpflichtversicherung

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf die Tätigkeit als Zwangsverwalter, soweit diese Tätigkeit nicht überwiegend ausgeübt wird (Teil 3 B. III. der Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen sowie Risikobeschreibungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Steuerberater u. a.). Allerdings regelt § 1 Abs. 4 ZwVwV, dass für die Tätigkeit als Zwangsverwalter eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung mit einer Deckung von mindestens 500.000,00 € abzuschließen ist. Durch das Gericht kann entsprechend den Bedingungen im Einzelfall eine höhere Versicherungssumme bestimmt werden. Da die Tätigkeit einer Zwangsvollstreckung zwar im Rahmen der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung der Steuerberater mitversichert ist, aber die Mindestversicherungssumme der Berufshaftpflichtversicherung lediglich 250.000,00 € beträgt, reicht diese alleine nicht aus, um die Tätigkeit als Zwangsverwalter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 ZwVwV entsprechend zu versichern. Vor Beginn der Tätigkeit ist deshalb mit dem Versicherer ein zusätzlicher Versicherungsschutz zu vereinbaren, der den Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 ZwVwV genügt. Dieser wird von den Versicherungsgesellschaften gegen einen geringen Beitragszuschlag zur bestehenden Berufshaftpflichtversicherung angeboten.
 

6. Abrechnung/Honorar

Der Verwalter hat für die Zwangsverwaltung einen Vergütungsanspruch gem. §§ 17 ff. Zwangsverwalterordnung (ZwVwV).

Mit den Vergütungen der Zwangsverwaltung sind weitergehende berufliche Tätigkeiten aber nicht abgegolten, für die ein Zwangsverwalter, der nicht Steuerberater ist, einen Steuerberater hätte beauftragen müssen. So kann der Steuerberater als Zwangsverwalter z. B. die Erstellung von Steuererklärungen zusätzlich nach der Steuerberatervergütungsverordnung abrechnen (§ 17 Abs. 3 ZwVwV).