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Berufsrechtliches Handbuch

Stand: November 2023


5.1.12 Hinweise* für die Tätigkeit des Steuerberaters als Nachlassverwalter

-- Aktualisierungen werden farblich (gelb) hinterlegt kenntlich gemacht --

Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 23. und 24. Juni 2021.

* Die Hinweise haben einen unverbindlichen Charakter. Sie sollen zu bestimmten Sachverhalten oder Problemkreisen Anregungen zu eigenverantwortlichen Lösungen geben und somit die Praxisarbeit unterstützen.
 

1. Vorbemerkungen

Die Tätigkeit des Steuerberaters als Nachlassverwalter ist gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 2 StBerG mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar.

Ergänzend sind die „Allgemeinen Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Ausübung vereinbarer Tätigkeiten“ (vgl. Berufsrechtliches Handbuch, II. 5.1.1) zu beachten.
 

2. Voraussetzungen

Die persönliche Eignung des zu bestellenden Nachlassverwalters ist neben vermögens- und steuerrechtlichen Kenntnissen vor allem durch seine Unabhängigkeit und das Fehlen von Interessenkonflikten zum Nachlass gekennzeichnet. Der Nachlassverwalter darf keine Nachlassgegenstände an sich selbst verwerten oder verschenken.

Die Verwaltung des Nachlasses stellt eine anspruchsvolle Tätigkeit dar. Vor Übernahme eines solchen Amtes ist immer auch zu prüfen, ob die für diese Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen gegeben sind und die Bearbeitung zeitnah und qualifiziert durch die eigene Praxis möglich ist.
 

3. Tätigkeitsbeschreibung, Rechte und Pflichten

Die Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB) wird auf Antrag des Erben oder aber eines Nachlassgläubigers durch das Nachlassgericht angeordnet (§ 1981 BGB). Der Nachlassverwalter steht unter Aufsicht des Nachlassgerichts (§§ 1960,1962 BGB). Dieses regelt seine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen – insbesondere Berichtspflichten – fallbezogen (siehe dazu ggf. die Merkblätter der Landesjustizverwaltung bzw. Amtsgerichte).

Die Nachlassverwaltung erfolgt zum einen zu dem Zweck, die Nachlassgläubiger zu befriedigen, und dient zum anderen dazu, die Haftung des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern auf den Nachlass zu beschränken, mithin also der Trennung des Nachlasses von dem vorhandenen Vermögen des Erben. Aus diesem Grund erhält nur der Nachlassverwalter die Verfügungsbefugnis über den Nachlass.

Die Aufgaben des Nachlassverwalters orientieren sich am Zweck der Bestellung:

  1. Feststellung des Umfangs (Vermögensermittlungspflicht) und die Inbesitznahme des gesamten Nachlasses; bei Grundbesitz ist die Eintragung eines entsprechenden Vermerkes beim Grundbuchamt zu beantragen.
  2. Geltendmachung und Durchsetzung aller Ansprüche des Nachlasses gegen den Erben auf Herausgabe des Erlangten aus dem Nachlass sowie Wertersatz für gezogene Nutzungen oder verbrauchte Bestandteile des Nachlasses sowie den Einzug sonstiger Forderungen des Nachlasses gegen andere Gläubiger.
  3. Verwaltung des Nachlasses mit dem Ziel, das Nachlassvermögen nicht nur zu erhalten, sondern auf der Grundlage ordnungsgemäßen Wirtschaftens zu mehren. Bestimmte Verfügungen des Nachlassverwalters bedürfen der Genehmigung durch das Nachlassgericht (§ 1915 i. V. m. §§ 1821, 1822, 1828 – 1831 BGB).
  4. Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten
    Das bedeutet, die vollständige Befriedigung aller Ansprüche der Nachlassgläubiger aus den Nachlassmitteln ist möglich.
    Die Leistungsfähigkeit des Nachlasses ist durch Gegenüberstellung der Nachlassaktiva und -passiva festzustellen. Diese sind durch vollständige Sichtung des Nachlasses, Prüfung von Unterlagen etc. zu ermitteln.
    Zur Feststellung der Nachlassverbindlichkeiten ist gegebenenfalls das Aufgebotsverfahren durchzuführen (§§ 1970, 1979 BGB).
    Gegebenenfalls erfolgt Vorlage des Nachlassverzeichnisses bei Gericht (§ 1802 BGB).
  5. Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§§ 315 ff. InsO)
    Die Pflicht zur Beantragung der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§ 320 InsO, § 1980 BGB) besteht, wenn Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses vorliegt.
    Die Kenntnis liegt dann vor, wenn der Nachlassverwalter weiß, dass die erforderlichen Zahlungsmittel fehlen und der Nachlass deshalb dauerhaft außerstande wäre, fällige Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen. Die fahrlässige Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit steht der Kenntnis gleich.
  6. Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Erblassers gemäß § 34 Abs. 3 AO und Abgabe der Erbschaftssteuererklärung für alle Erben gemäß § 31 Abs. 5 ErbStG
  7. Herausgabe des verbliebenen Nachlasses nach Berichtigung aller bekannten Nachlassverbindlichkeiten (§ 1986 BGB) an die Erben
  8. Pflichten zur Rechnungslegung.

Als amtlich bestelltem Organ zur Verwaltung eines fremden Vermögens ist es dem Nachlassverwalter erlaubt, Rechtsdienstleistungen im Rahmen seines Aufgaben- und Tätigkeitsgebiets zu erbringen (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 RDG).
 

4.    Pflichten nach dem Geldwäschegesetz

Zu beachten sind auch die Verpflichtungen und Rechtsfolgen nach dem Geldwäschegesetz (siehe dazu im Besonderen die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschege-setz der zuständigen Steuerberaterkammer). Sofern Tatsachen vorgefunden werden, die eine Meldepflicht auslösen, ist diese gegenüber der Financial Intelligence Unit (FIU) zu erstatten.
 

5. Haftpflichtversicherung

Aus der Tätigkeit des Nachlassverwalters heraus besteht ein besonderes Haftungsrisiko gegenüber den Erben bzw. Nachlassgläubigern.

Aus diesem Grund ist unbedingt anzuraten, vor Annahme des Amtes als Nachlassverwalter mit dem eigenen Versicherer in Kontakt zu treten und die bestehenden Versicherungsbedingungen bezüglich des Einschlusses dieser Treuhandtätigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Der Versicherungsschutz erstreckt sich im Rahmen von Teil 3 A Ziff. 4.3. der „Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen sowie Risikobeschreibungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Steuerberater u. a.“ auch auf die Tätigkeit als Nachlassverwalter, soweit diese Tätigkeit nicht überwiegend ausgeübt wird.
 

6. Abrechnung/Honorar

Der Nachlassverwalter kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen (§ 1987 BGB). Zur Ermittlung der Angemessenheit kann auf die Kriterien der §§ 1915 Abs. 1 S. 2, 1836 Abs.1 Satz 3 BGB i. IV. m. Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG) zurückgegriffen werden:

  1. Wert und Umfang des Nachlasses,
  2. Schwierigkeit und Dauer der Nachlassverwaltung,
  3. Maß der Verantwortung,
  4. Verwertbare besondere Fachkenntnisse sowie
  5. Erfolg der Tätigkeit.

In der Regel bestimmt das Nachlassgericht einen angemessenen Stundensatz. Für Steuerberater wurde z. B. 100,00 € zzgl. USt angenommen (AG Frankfurt  Az.: FamRZ 2017, 1881). Neben der Vergütung ist der Ersatz von Aufwendungen erstattungsfähig. 

Vergütung und Auslagen sind nach Festsetzung dem Nachlass zu entnehmen.