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Berufsrechtliches Handbuch

Stand: November 2023


5.1.16 Hinweise* für die Tätigkeit des Steuerberaters als Sachverständiger

Beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 13. und 14. März 2018.

* Die Hinweise haben einen unverbindlichen Charakter. Sie sollen zu bestimmten Sachverhalten oder Problemkreisen Anregungen zu eigenverantwortlichen Lösungen geben und somit die Praxisarbeit unterstützen.
 

1. Vorbemerkungen

Die Tätigkeit des Steuerberaters als Sachverständiger ist gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar. Auf dem Gebiet der Vorbehaltsaufgaben sind Steuerberater kraft ihrer Bestellung als Steuerberater bereits Sachverständige, einer öffentlich-rechtlichen Bestellung durch die Industrie- und Handelskammern bedarf es nicht.

Ergänzend sind die „Allgemeinen Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für die Ausübung vereinbarer Tätigkeiten“ (vgl. Berufsrechtliches Handbuch, II. 5.1.1.) zu beachten.
 

2. Voraussetzungen

Dem Steuerberater eröffnen sich drei Betätigungsmöglichkeiten als Sachverständiger:

  1. Der gerichtlich bestellte Sachverständige
  2. Der von der Staatsanwaltschaft bzw. von Behörden bestellte Sachverständige
  3. Der privatrechtliche Sachverständige.

In den genannten Fällen ist die Erstellung eines Gutachtens der Hauptbestandteil des Auftrages.

Gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 7 StBerG erstattet die Steuerberaterkammer Gutachten (regelmäßig in Gebührenstreitigkeiten nach der Steuerberatervergütungsverordnung oder zu Haftungs- und Bewertungsfragen), die ein Gericht, eine Landesfinanzbehörde oder eine andere Verwaltungsbehörde des Landes von den Steuerberaterkammern anfordert. Die Steuerberaterkammer kann zur Bewältigung dieser Aufgabe ihre Mitglieder beauftragen.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige

Die Bestellung des Steuerberaters als gerichtlicher Sachverständiger richtet sich nach den §§ 402 ff., 404 Abs. 2 ZPO, 73 Abs. 2 StPO. Entsprechende Verweise auf die ZPO finden sich in § 98 VwGO für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in § 118 SGG für die Sozialgerichtsbarkeit, in § 82 FGO für die Finanzgerichtsbarkeit bzw. in § 46 Abs. 2 ArbGG für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Soweit ein Sachverständiger für ein gerichtliches Verfahren benötigt wird, bestellt ihn das Gericht und legt den Inhalt des Gutachtenthemas im Beweisbeschluss fest.

Zur Auswahl des Sachverständigen wenden sich die Gerichte an die Steuerberaterkammern bzw. die Industrie- und Handelskammern. Die Gerichte können bei einer einzelnen Kammer unter Beifügung der Prozessakten oder des Beweisbeschlusses anfragen, ob sie einen infrage kommenden Sachverständigen benennen können. Vielfach wird das Gericht bei der Wahl des geeigneten Sachverständigen jedoch auf eigene Erfahrungen aus vorangegangenen Verfahren zurückgreifen.

Der von der Staatsanwaltschaft bzw. von Behörden bestellte Sachverständige

Steuerberater können als Sachverständige aber nicht erst in den gerichtlichen Verfahren, sondern auch schon in den Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft oder aber in Verwaltungsverfahren von anderen Behörden bestellt werden.

Der privatrechtliche Sachverständige

Im privatrechtlichen Bereich bestimmt sich das Rechtsverhältnis nicht nach der ZPO oder der StPO, sondern vielmehr nach den Bestimmungen des Werkvertragsrechts (§§ 631 ff. BGB), wobei das herzustellende Werk das Gutachten für den jeweiligen Mandanten ist.

Der Steuerberater kann aber auch als Schiedsgutachter aufgrund eines Schiedsgutachtervertrags gemäß
§ 317 BGB tätig werden. Dabei vereinbaren die Parteien, das fachliche Gutachten eines Sachverständigen als verbindlich anzuerkennen.
 

3. Tätigkeitsbeschreibung/Rechte und Pflichten

Der Steuerberater kann in der gesamten Bandbreite seines beruflichen Spektrums als Sachverständiger tätig sein. Dazu gehören neben dem materiellen Steuerrecht u. a. die Gebiete Buchführung und Rechnungswesen, Kostenrechnungsfragen, Betriebsvergleiche, Ermittlung von Zugewinnausgleich, Fragen in Gebührensachen und Strafsachen, Bewertung von Grundstücken und Unternehmen sowie Steuer- und Insolvenzdelikte.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige

Steuerberater können nach Maßgabe der §§ 402 ff. ZPO von den Gerichten als Sachverständige hinzugezogen werden. Der Steuerberater als Sachverständiger nimmt aufgrund seiner Sachkunde entsprechend dem Inhalt des vom Gericht erlassenen Beweisbeschlusses (vgl. § 359 ZPO) – ggf. auch schon vor der mündlichen Verhandlung (§ 358a ZPO) – zu tatsächlichen Sachverhalten Stellung.

Der Sachverständige hat die Aufgabe, unparteiisch, unabhängig und objektiv den vorgegebenen Sachverhalt fachlich zu beurteilen.

Die Auswahl des Sachverständigen erfolgt regelmäßig von Amts wegen durch das Prozessgericht, es sei denn, dass die Parteien sich auf einen Sachverständigen einigen (§ 404 ZPO). Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden (§ 404 Abs. 2 ZPO). Die Gerichte sind gehalten, bevorzugt öffentlich-rechtlich bestellte Sachverständige zu bestellen. Die Steuerberater sind diesem Personenkreis auf dem Gebiet der Vorbehaltsaufgaben jedoch gleichgestellt. Der Sachverständige kann aus den gleichen Gründen wie ein Richter abgelehnt werden (§ 406 ZPO i. V. m. § 42 ZPO).

Anforderungen, die der Steuerberater als Sachverständiger bei der Erstattung seiner Gutachten einzuhalten hat, sind u. a. in § 407a ZPO (für alle vom Gericht beauftragten Sachverständigen) geregelt. Dies sind z. B. die Anzeigepflicht betreffend die Einhaltung der Fristen, Mitteilungspflicht in Bezug auf seine Unabhängigkeit, persönliche Gutachtenerstattung, Mitteilung von Zweifeln und besonders hohen Kosten, unparteiische Aufgabenerfüllung, gewissenhafte Gutachtenerstattung. Ebenso wie Zeugen steht auch Sachverständigen das Recht zu, die Erstattung eines Gutachtens zu verweigern (§ 408 Abs. 1 ZPO).

Wird ein schriftliches Gutachten angefordert, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer dieser das Gutachten zu übermitteln hat (§ 411 Abs. 1 ZPO). Versäumt der Sachverständige die Frist zur Erstattung des Gutachtens, kann gegen ihn – auch wiederholt – ein Ordnungsgeld bis zu
3.000,00 € festgesetzt werden (§ 411 Abs. 2 ZPO). Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen Sachverständigen zu übertragen. Soweit er sich zur Erledigung des Auftrags der Mitarbeit anderer Personen (z. B. seiner Angestellten) bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt
(§ 407a Abs. 3 ZPO).

Der Sachverständige kann bei der Erstellung seines Gutachtens unter Umständen auf die Mithilfe der Zeugen und Parteien angewiesen sein. Als Sachverständiger darf der Steuerberater grundsätzlich nicht Parteien oder Zeugen über wesentliche Streitpunkte selbstständig vernehmen; es ist allein Sache des Gerichts, den Sachverhalt festzustellen. Gegebenenfalls muss der Sachverständige das Gericht um eine Weisung bitten, von welchem Sachverhalt er auszugehen hat.

Anders als Wirtschaftsprüfer sind Steuerberater vor Gericht auch gemäß § 410 ZPO zu vereidigen, da die Versicherung des § 41 Abs. 2 StBerG, die Pflichten eines Steuerberaters gewissenhaft zu erfüllen, die Vereidigung nicht ersetzt.

In der Strafgerichtsbarkeit sind die §§ 72 ff. StPO zu beachten. Die Auswahl des Sachverständigen trifft hier der Richter (§ 73 StPO). Auch hier besteht die Möglichkeit, den Sachverständigen abzulehnen (§ 74 StPO), die Pflicht, das Gutachten zu erstatten (§ 75 StPO) bzw. zu verweigern (§ 76 StPO) und für die Folgen des Ausbleibens bzw. der Weigerung einzustehen (§ 77 StPO). Gemäß § 80 StPO kann dem Sachverständigen auf sein Verlangen zur Vorbereitung des Gutachtens durch Vernehmung von Zeugen oder des Beschuldigten weitere Aufklärung verschafft werden. Ihm kann hierzu auch gestattet werden, die Akten einzusehen, der Vernehmung der Zeugen oder des Beschuldigten beizuwohnen und an sie unmittelbar Fragen zu stellen.

Der von der Staatsanwaltschaft bzw. von Behörden bestellte Sachverständige

Sachverständige können im strafrechtlichen Verfahren nicht nur von den Strafgerichten, sondern schon im laufenden Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft herangezogen werden. § 161a StPO verpflichtet Sachverständige, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen oder ihr Gutachten zu erstatten. Bei unberechtigtem Ausbleiben oder bei unberechtigter Weigerung steht der Staatsanwaltschaft die Maßregelbefugnis entsprechend §§ 51, 70, und 77 StPO zu. Hiergegen kann die gerichtliche Entscheidung beantragt werden.

Aber auch im Verwaltungsverfahren können Sachverständige unter bestimmten Maßgaben hinzugezogen werden (vgl. z. B. § 65 VwVfG bzw. die entsprechenden Regelungen in den Verfahrensgesetzen der Länder).

Der privatrechtliche Sachverständige

Im Rahmen privatrechtlicher Mandatierung als Sachverständiger ist der Steuerberater nicht an die Vorgaben der ZPO gebunden. Im Rahmen seiner allgemeinen Berufspflichten (§ 57 Abs. 1 StBerG) hat der Steuerberater dafür Sorge zu tragen, dass das Gutachten im Rahmen des Werkvertrages ebenfalls gewissenhaft erstellt und fachlich richtig gefertigt wird.
 

4. Haftung/Haftpflichtversicherung

Der Steuerberater als Sachverständiger, der von einem Gericht zur Gutachtenerstellung beauftragt wurde, hat Schadenersatz zu leisten, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hat (vgl. § 839a BGB). Beim Gutachten im privatrechtlichen Bereich haftet der Steuerberater als Sachverständiger nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen.

Während Haftungsbeschränkungen im gerichtlichen Bereich nicht möglich sind, da hier keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen werden, können und sollten im privatrechtlichen Bereich schriftliche Vereinbarungen über Haftungsbegrenzungen nach Maßgabe des § 67a StBerG getroffen werden.

Aus den Versicherungsbedingungen der Haftpflichtversicherer ergibt sich, dass berufsübliche Gutachten vom Versicherungsschutz umfasst sind (vgl. Hinweise der Bundessteuerberaterkammer zur Berufshaftpflichtversicherung, Berufsrechtliches Handbuch, 5.2.2, IV., Nr. 22, Ziffer 2b, Seite 23). Auch die Tätigkeit als Schiedsgutachter ist, soweit sie nicht überwiegend ausgeübt ist, hiervon betroffen.

Angesichts der weitreichenden Haftung auch gegenüber Dritten sollte Rücksprache mit den Haftpflichtversicherern gehalten werden.
 

5. Abrechnung/Honorar

Der gerichtlich bestellte Sachverständige

Die Vergütung bemisst sich nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG).

Vom Gericht bestellte Sachverständige erhalten als Vergütung ein Stundenhonorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie Ersatz für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

Wird der Steuerberater jedoch als Gutachter für eine Partei tätig und wird dieses Gutachten dann einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft übergeben, ist die Partei und nicht das Gericht Auftraggeber, sodass § 22 StBVV – soweit einschlägig – zu beachten ist.

Es besteht die Möglichkeit, vor dem Tätigwerden einen Vorschuss zu beantragen (siehe auch § 3 JVEG).

Der von der Staatsanwaltschaft bzw. von Behörden bestellte Sachverständige

Die vorstehenden Regelungen sind auch bei der Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft und im Verwaltungsverfahren zu beachten.

Der privatrechtliche Sachverständige

Wird der Steuerberater auf dem Gebiet der Vorbehaltsaufgaben tätig, ist die Vergütungsregelung des § 22 StBVV zu beachten. Danach erhält der Steuerberater für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens eine Gebühr von 10/10 bis 30/10 der vollen Gebühr nach der Tabelle A. Sind Gegenstand des Gutachtens jedoch allgemeine wirtschaftliche Fragen, ist – sofern keine Vereinbarung über die Vergütung getroffen worden ist – eine übliche bzw. eine angemessene Vergütung in Ansatz zu bringen. In der Praxis üblich ist die Vereinbarung eines Zeithonorars. Es empfiehlt sich, vor dem Tätigwerden einen Vorschuss anzufordern.